Shared-Economy: Mit Start-Ups Mitbesitzer von Luxusimmobilien werden
Der Traum vom Zweitwohnsitz: Start-ups sollen ihn möglich machen. Co-Ownership bei Luxusimmobilien steht dabei besonders hoch im Kurs. Was kann das?
26.05.2022 - By Manfred Gram
Dem Start-up Pacaso ist ein besonderes Kunststück gelungen. Gegründet im Herbst 2020 von Austin Allison und Spencer Rascoff, hat man es geschafft, innerhalb eines Jahres mehr als 200 Millionen Dollar Risikokapital einzusammeln und so mit über einer Milliarde Dollar bewertet zu werden. In Rekordzeit avancierte man zum Unicorn. Mit welcher Idee? »Viele Menschen können ihren Traum vom Ferienwohnsitz nicht verwirklichen, weil Zweitwohnsitze üblicherweise ein sehr teures Marktsegment sind und gleichzeitig auch nicht sehr stark genutzt werden. Wir wollen das erschwinglich machen«, bringt Austin Allison in Interviews den Grundgedanken hinter Pacaso auf den Punkt. Dennoch sollte man jetzt doch ein bisschen ins Detail gehen und erzählen, wie dieses Erschwinglichmachen funktioniert.
Teilbesitz
Gleich vorweg: Bei Pacaso wird nicht gekleckert, sondern geklotzt, man hat sich nämlich auf Luxusimmobilien spezialisiert. Chalets, Villen, exklusive Penthouses – das volle Programm im hohen siebenstelligen Dollarbereich. Allerdings kauft man keine ganze Luxusimmobilie, sondern lediglich ein Achtel davon. Die sieben anderen Mitbesitzer kennt man im Regelfall nicht und sieht sie auch nie. Für jede Immobilie gründet Pacaso übrigens eine eigene GmbH, von der man dann die Achtelanteile erwirbt bzw. das Recht, 44 Tage an diesem Zweitwohnsitz zu verbringen. Bei Pacaso wird man also Besitzer bzw. Teilbesitzer einer Immobilie, Grundbucheintrag und Weiterverkaufsrecht inklusive.
Ein fundamentaler Unterschied zu artverwandten Timesharing-Modellen, die ebenfalls am Immo-Markt kursieren und bei denen man sich lediglich ein (üblicherweise langfristiges) Ferienwohnrecht erwirbt. Auch nicht unwichtig: Um alles Rechtliche, um die Verwaltung, aber auch um die Einrichtung und Annehmlichkeiten wie einen gefüllten Kühlschrank kümmert sich Pacaso. Dafür zahlt jeder Besitzer 100 Dollar im Monat und ist quasi von allen Scherereien, die Immobilienbesitz mit sich bringen, befreit.
Inspirationsquellen
Managed Co-Ownership wird in den USA seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich praktiziert und ist weit verbreitet. Nicht nur bei Immobilien, sondern auch bei Yachten und Jets werden Miteigentums-Anteile erworben. In Europa setzt man üblicherweise auf Mieten und Eigentum. Nur: Der Erfolg von Pacaso inspiriert auch europäische Gründer. Im Vorjahr wurden bereits in Deutschland zwei Start-ups gegründet, die dem Geschäftsmodell des amerikanischen PropTechs sehr ähnlich sind.
»Wir wollen den Besitz von Ferienhäusern demokratisieren und jüngeren Menschen zugänglich machen« – Fabian Löhmer, Mitbegründer MYNE
VillaCircle und Myne heißen die beiden Herausforderer, die nicht nur am deutschen Immobilienmarkt aktiv sind. VillaCircle verkauft etwa Zweitwohnsitze in den Alpen, an der Côte d’Azur, aber auch in Kroatien oder auf Teneriffa. Übergeben werden vorwiegend schlüsselfertige Bauten aus dem Luxussegment. Wohnungen und Apartments hat man nicht im Programm. Mitbewerber Myne legt bei seinem aktuellen Angebot einen kleinen Schwerpunkt auf Mallorca und fasst die Zielgruppe ein bisschen weiter, in dem nicht nur Anteile an Prestige- und Luxusobjekten feilgeboten werden.
»Wir wollen den Besitz von Ferienhäusern demokratisieren und jüngeren Menschen zugänglich machen«, meinte etwa Fabian Löhmer, der gemeinsam mit Nikolaus Thomale Myne gegründet hat. Wobei schon festgehalten werden muss, dass die Demokratisierung aktuell bei 159.000 Euro für einen Achtelanteil an einem »charmanten Holzhaus am Wieker Bodden« auf Rügen beginnt. Ergo: Auch geteilt bleiben Ferienhäuser und Apartments in europäischen Toplagen ein Luxus und sind nicht für jedermann. Aber als Alternative, oder um sich im Immo-Luxussegment zu verankern, kann man die Angebote der Start-ups durchaus in Betracht ziehen.
Erschienen im Falstaff LIVING Residences 01/2022
Erschienen im Falstaff LIVING Residences 01/2022