Öko-Luxusräume jenseits von Bling-Bling
Von Kompromissen will man bei Euroboden nichts wissen. Der deutsche Developer von Wohn- und Büroimmobilien ist bekannt für seine Radikalität in Sachen Architektur und Atmosphäre. Damit schafft man im sonst glitzernden Luxussegment eine hochwertige Alternative.
06.06.2023 - By Wojciech Czaja
Ist der Rohbau schon abgeschlossen? Wird das noch verputzt? Gehört das so? Fragen wie diese wird man im sogenannten »Lion« im Berliner Osten, Stadtteil Kaulsdorf, wohl oft zu hören bekommen, denn das -Projekt in der Lion-Feuchtwanger-Straße ist alles andere als Wohnbau von der Stange. Die Wände aus rohem Beton, die Decke aus sichtbar belassenen Trägern, das Geländer am Laubengang aus gespanntem Stahlnetz. Und doch verströmt das Haus mit seinen geschwungenen Balkonen und scheinbar schwebenden Terracotta-Blumentrögen eine so poetische Leichtigkeit, dass man in der Hängematte sofort Platz nehmen möchte. »Die Idee dieses Projekts war, den bau-technischen Fortschritt und die Vorfertigung von Betonelementen herauszufordern und in eine moderne, zeitgemäße Struktur zu übersetzen«, sagt Stefan Höglmaier, CEO des Münchner Development-Unternehmens Euroboden. »Im ›Lion‹ treffen Dichte auf Individualität, Wirtschaftlichkeit auf hohe Lebensqualität, nachbarschaftliches Wohnen auf räumliche Freiheit mit Blick ins Grüne.« Vor den Balkonen und Laubengängen eröffnet sich ein gemeinschaftliches Gartenplateau mit südlichem, exotischem Flair. Die 124 Wohnungen, aufgeteilt auf zwei Bauteile mit sechs Etagen, sind 48 bis 118 Quadratmeter groß, die Grundrisse sind durch die offene Bauweise individuell adaptierbar. Für die außergewöhnliche Architektur zeichnet das vielfach preisgekrönte Büro frohn&rojas mit Sitz in Berlin, Los Angeles und Santiago de Chile verantwortlich, der grüne Daumen des deutsch-schweizerischen Landschaftsplanungsbüros Topotek 1 ist im Innenhof zu erkennen.
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Euroboden auf die Architekturkarte setzt. Im Laufe seines 20-jährigen Bestehens (siehe Interview Seite 108) arbeitete der Wohn- und Bürodeveloper, der sich im Premiumsegment positioniert und beweist, dass Luxus nicht unbedingt mit Bling-Bling zu tun haben muss, schon oft mit namhaften Architekten zusammen – ob das nun Aires Mateus aus Portugal, der Londoner Luxusexperte David Adjaye oder der kürzlich mit dem Pritzker-Preis gekrönte David Chipperfield ist. Und im Gegensatz zu vielen Branchenkolleg:innen, die den großen Architekt:innennamen meist als Brandinginstrument vorschieben, um das Projekt hinter den Kulissen auf einen marktüblichen Standard runterzusparen, meint es Euroboden ernst mit der Baukultur. Vor ein paar Jahren erschien ein knapp 300-seitiger Buchwälzer unter dem Titel »Architekturkultur«, herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem deutschen Architekturjournalisten Alexander Gutzmer. Umgeben von gleich drei Jahrhunderten Geschichte und nachhaltiger Architekturkultur ist man am sogenannten Derzbachhof in Forstenried. Der 1751 errichtete Holzbau ist der älteste noch erhaltene Bauernhof Münchens. Nach 40 Jahren Leerstand wurde der denkmalgeschützte Bau nun behutsam saniert und in einen dicht begrünten Wohnpark mit 17 Eigentumswohnungen in Holzhybridbauweise eingebettet. »Wenn man so einen alten, sensiblen Bau angreift, dann muss man das mit einer gewissen Rotzigkeit machen«, sagt Architekt Peter Haimerl, der das Projekt gemeinsam mit Raumstation geplant und realisiert hat. »Das Letzte, was so ein großartiger historischer Bau verträgt, ist eine mittelmäßige, total verkrampfte Investorenarchitektur. Bei allem Respekt vor 272 Jahren Geschichte: So ein Projekt funktioniert nur, wenn die neue Architektur genauso stark und hochwertig ist wie das alte Zeug.« Hochwertigkeit – nicht nur die materielle, sondern auch die monetäre – wird bei Euroboden großgeschrieben: Das Wohnhaus »Kolberger« in unmittelbarer Nähe zum Münchner Herzogpark wurde in Zusammenarbeit mit dem Londoner Architekten David Chipperfield entwickelt, alles supernobel, auch der Preis jenseits von 25.000 Euro pro Quadratmeter. Und das »Hammerschmidt« an der Münchner Stadtgrenze, geplant vom deutschen Enfant terrible Arno Brandlhuber, beweist, dass kompromisslos radikale Architektur auch im Bürobereich möglich ist. Viel Licht, nackter Beton und eine Dachterrasse wie auf einem Kreuzfahrtschiff. So will man arbeiten.
Dieser Artikel erschien im RESIDENCES 2023/01.