LIVING Salon: Wie weit reicht ganzheitliches Planen und Bauen?
Das Dienstleistungsspektrum in der Immobilienbranche ist in den letzten Jahren deutlich breiter und differenzierter geworden. Viele bieten Planen, Bauen und Wohnen aus einer Hand an. Wie weit reicht der Service? Was erwartet der Kunde? Und was nicht? Eine Architektin, eine Immobilienmaklerin und eine Vorständin eines gemeinnützigen Bauträgers im Gespräch.
02 . November 2020 - By Wojciech Czaja
LIVING: Genussvoll von Greißler zu Greißler schlendern oder doch lieber in den Supermarkt, wo Sie alles unter einem Dach kriegen und nur noch in den Einkaufswagen legen müssen? Welcher Typ sind Sie?
Pamela Zoidl: Ich bin eher der Greißlertyp. Man gibt im Endeffekt mehr aus, weil man meist exklusivere Produkte einkauft, aber dafür hat man die Beratung und den menschlichen Kontakt. Johanna Schuberth: Ich bin beides. Manchmal freue ich mich, mir etwas Gutes zu gönnen. Manchmal aber will ich einfach nur effizient sein und die Sache schnell hinter mich bringen. Dann gehe ich in den Supermarkt.
Isabella Stickler: Ich bin auch beides, aber stets mit einem Fokus auf Regionalität. Der schnelle Einkauf ist zwar praktisch, und es spricht nichts dagegen. Beim Wohnen geht es aber um eine langfristigere, größere Investition, da finde ich den Supermarkt-Gedanken ein bisschen gefährlich.
Inwiefern?
Stickler: Weil sich Kunden beim Anmieten beziehungsweise Ankaufen nicht immer ausreichend überlegen, ob die Wohnung dauerhaft finanzierbar bleibt. Der Immobilienmarkt ist kein Supermarkt.
Der US-amerikanische Raum ist bekannt dafür, Mieter und Käuferinnen wie in einem One-Stop-Shop zu verwöhnen und Wohnung, Interior-Gestaltung, Möblierung, Gartenarbeit und Concierge aus einer Hand anzubieten. Wie beliebt oder wie verbreitet ist das amerikanische Modell in Europa?
Stickler: In meiner jahrelangen Tätigkeit beim Bauträger Alpenland bin ich genau ein einziges Mal damit konfrontiert worden. Ein kanadisches Ehepaar hat ein möbliertes Muster-Reihenhaus bei uns besichtigt und wollte genau dieses mit genau diesen Mustermöbeln, also voll ausgestattet. Das passiert nicht oft!
Auf österreichische Kunden trifft das weniger zu?
Stickler: Die lassen sich gerne davon inspirieren und kaufen aus der Mustermöblierung das eine oder andere Stück, aber niemals die ganze Einrichtung. Unsere Kunden sind es auch nicht gewöhnt, ein Gesamtpaket zu kaufen.
Zoidl: Auf dem frei finanzierten und hochpreisigen Markt schaut die Situation etwas anders aus. Da wollen die Käuferinnen und Käufer weder Mustermöbel noch eingerichtete Küchen. Ich kann mich an eine Wohnungsbesichtigung in der Piaristengasse erinnern, da waren wir ganz stolz auf den eleganten Waschtisch mit Marmorplatte. Doch unsere Materialwahl und Farbkombination war für die Käuferin unmöglich. Sie hatte eine komplett andere Vorstellung und bestand auf eine neue Variante.