LIVING Salon: Wie setzt man innovative Materialien ein?
Dank Digitalisierung und neuen Fertigungsmethoden werden die Baustoffe immer raffinierter. Eine Zeitreise durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – und warum wir uns am Ende aller Entwicklungen dann doch wieder nach Archaik und Bodenständigkeit sehnen.
03 . August 2018 - By Wojciech Czaja
LIVING: Haben Sie einen ganz persönlichen Lieblingsbaustoff?
Bärnthaler: Mein Lieblingsmaterial ist die technische Keramik. Das Material wird bei Bremsscheiben oder etwa bei Skisprungschanzen eingesetzt. Mich faszinieren die Dichte und die kompakte Oberfläche. Ich träume davon, ein komplettes Haus daraus zu bauen.
Wenkenbach: Ich liebe Holzschiffe. Besonders schön finde ich hochglanzlackierte -Hölzer mit einer schönen Zeichnung, die in ihrem Finish fast schon etwas Glasiges und Porzellanartiges haben.
Ebner: Meine Favoriten sind spiegelnde Oberflächen. Man kann mit ihnen Illusionen erzeugen und auch schwierigen Räumen Kraft und Spannung verleihen. In der Geschichte gab es eine große Spiegeltradition. Im Laufe der Zeit ist diese Kultur bedauerlicherweise mehr und mehr zurückgegangen.
Wie hat sich der Materialeinsatz in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert?
Ebner: Ein großer Bruch in der gesamten Architektur und Baubranche war der Einsatz von Eisenbeton. Durch die Kombination aus Beton und Stahl als Bewehrung sind plötzlich filigrane Konstruktionen und große Tragweiten möglich geworden. Eisenbeton hat nicht nur den klassischen Hochbau geprägt, sondern auch den Brücken- und Tunnelbau komplett verändert.
Wenkenbach: Stahlbeton ist für ein Bauunternehmen wie die PORR absolut unverzichtbar, wie Sie sich vorstellen können. Stahlbeton macht sicherlich 80 Prozent unseres gesamten Bauvolumens aus. Was ich in den letzten Jahren beobachte, ist ein zunehmendes Bewusstsein für ökologische Baustoffe – also für die Materialien, die sowohl in der Produktion als auch im Gebäudebetrieb energie- und ressourcenschonend sind.
Frau Bärnthaler, Sie kennen die Entwicklung der Baustoffe so gut wie kaum jemand. Wo sehen Sie die größten Entwicklungsschübe?
Bärnthaler: Ein ganz großer Bruch war mit Sicherheit die Einführung von chemischen Baustoffen und neuen Produktkreationen in der Nachkriegszeit. Dazu zählen etwa Dispersion, Asbest, Faserzement, extrudierte Dämmstoffe sowie diverse Kunststoffe wie etwa PU-Schaum und PVC. In nur wenigen Jahrzehnten hat sich die Baubranche völlig neu erfunden. Damit sind viele Gefahren verbunden, die wir erst im Laufe der Zeit erkannt haben. Heute sind wir damit konfrontiert, dass wir viele Fehler von damals wieder rückgängig machen müssen. Der Trend – vor allem in den Innenräumen und im kleinvolumigen Bau – geht wieder zurück zu natürlichen Baustoffen wie etwa Holz, Lehm und Kalk.