© Martinelli Luce

Was hängt denn da? Das Spiel mit Textur, Geometrie, Licht und Schatten ist bei der Gestaltung von Leuchtkörpern zum entscheidenden Designfaktor geworden. LIVING hat sich die aktuellen Key-Trends im Lampensektor genauer angesehen.

08.10.2021 - By Manfred Gram

Die Frage, wann denn ein Design respektive Entwurf besonders gut gelungen ist, lässt viele Antworten zu. Eine Möglichkeit wäre, sich ein Best-Practice-Design-Beispiel herauszu­picken und dieses dann ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Daraus lässt sich einiges ableiten. Wie bei der Lampe »­Superpose« zum Beispiel. Die hat der ­deutsche Designer Frederik Kurzweg für ­Normann Copenhagen gestaltet. Was hat er gemacht? Auf den ersten Blick eigentlich nur drei abgerundete und gebogene Platten in 180-Grad-Winkeln umeinander angeordnet. Es sind allerdings perforierte Stahlplatten, in neutralem Weiß gehalten, die, so wie sie sich streng und doch irgendwie auch ungezwungen überlappen, auch als kleine Skulptur durchgehen können.

Richtig leuchten

Zudem wirkt die »Superpose« nahezu fragil, fast wie aus Stoff. Erfüllt sie dann ihren eigentlichen Zweck, zu leuchten nämlich, sieht man gleich noch einmal, wie gut durchdacht dieses Statement-Piece ist. Die Stahlperforierungen streuen das Licht sanft in den Raum und sorgen für ein sich ständig veränderndes Licht-Schatten-Spiel. Kurzum: Hier hat sich jemand etwas überlegt und dabei perfekt mit Texturen und Geometrie gespielt. Das gute Stück vereint gleich einige sehr angesagte Gestaltungstendenzen in sich, über die man gegenwärtig regelmäßig stolpert. Puristisches Weiß zum Beispiel oder die luftige Lochmusterung und das Bekenntnis zu Abrundungen. Zudem sind, wie bereits erwähnt, eine ge­wisse Liebe zur geometrischen Ordnung und der leichte Touch ins Skulpturale auch bei ­anderen Lighting-Projekten zu sehen. 

Letzteres sollte man aber mit Vorsicht genießen, wie Lichtprofi Cathrin Dörfler-Rampf vom Wiener Luxuslampentempel Design Rampf deutlich macht: »Ich empfehle, ­skulpturale Leuchten als Einzelstück in die persönliche Lichtgestaltung einfließen zu lassen. Sie brauchen Raum und Wirkungs­bereich und dienen als Eyecatcher neben der Grundbeleuchtung in einem Raum.« 

Dörfler-Rampf hat aber auch andere Key-Trends am Lichtsektor im Blickfeld: »Aktuell setzen sich vermehrt wärmere Farben durch. Messing, Gold, Bronze, Braun, Rauchgrau, Kupfer, Rosé, aber auch Blau und Grün sind im aktuellen Farbenspektrum vertreten«, zählt die Lichtexpertin auf und ergänzt: »Wir bemerken aktuell auch den Trend, dass bestehende Designs und Designklassiker technisch mit LED aufgerüstet ­werden und hinsichtlich Material und Farben adaptiert und veredelt werden.« Dabei kommen nicht selten Leder, Holz, Glas, Keramik oder gar Marmor zum Einsatz. 

Gut in Form

Man merkt: Natürliche Materialien sind im Interior-Design nach wie vor ein wichtiges Thema. Ebenso wie clever eingesetzte organische Formensprache, die diese Natürlichkeit unterstreicht. »Je kühler und nüchterner die Umgebung wird, desto mehr verlangt es nach Natur, nach dem Ursprung, nach Wärme und Gemütlichkeit«, erklärt Dörfler-Rampf und fasst zusammen: »Organische Formen brechen dabei die oft nüchternen, geradlinigen Umgebungen auf.« 

Dieses Gestaltungsprinzip, das jetzt auch nicht unbedingt das Neueste ist, wird deshalb immer wieder auch auf die Spitze getrieben. So hat etwa der britische Designer Paul Cocksedge mit seinem »Gravity Chandelier« für das niederländische Label Moooi einen Luster kreiert, dessen geschwun­gene, fragile Leuchtarme zusätzlich an der ­Decke montiert sind. Der Kronleuchter wirkt so wie eine Installation am Plafond, deren Kurven und Schwünge scheinbar von der Schwerkraft geformt wurden. Design wie am Schnürchen sozusagen. 

Mood-Management

Neben einer gewissen Leichtigkeit und ­Natürlichkeit in der Form spielt in der ­Beleuchtungsbranche vor allem die Technik eine immer wichtigere Rolle. Lichtwirkung, Lichtart und Helligkeit lassen sich nicht selten über Apps steuern und passen sich nicht nur Tageszeiten, sondern natürlich auch den Räumen an. »Eine Küchenarbeitsfläche ist anders zu beleuchten als ein Wohnzimmer«, verdeutlicht die Lichtexpertin Cathrin ­Dörfler-Rampf. 

Im Idealfall integriert sich die Technik unauffällig. Wie beim preisgekrönten ­Designatelier Tobias Grau und seiner ebenso anmutigen wie extravaganten Pendelleuchte »Flying«. Diese wird als »leicht wie eine ­Feder« beworben und hat einiges drauf. Sie ist unheimlich flexibel und lässt sich kinderleicht verstellen. Absenken, anheben, ­neigen – so schafft man mechanisch schon einmal beste Voraussetzungen für gutes Licht. Lichtintensität und -farbe kann man dann auch noch (mittels Bluetooth und App natürlich) steuern.

So wird man quasi zu seinem eigenen Lightjockey und Mood-Manager. Denn: »Die Optik alleine macht eine gute Leuchte nicht aus. Licht, Lichtwirkung und Technik müssen auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt sein«, so Dörfler-Rampf. Übrigens auch eine der vielen Antwortmöglichkeiten auf die Frage, wann denn Design besonders gut ­gelungen ist.

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 07/2021

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