Landschaftsarchitekt Enzo Enea im Gespräch
Enzo Enea ist der Big Player unter den Landschaftsarchitekt:innen. Dabei ist der Schweizer ganz unprätentiös und sachlich geblieben. Im Interview erklärt er, wie man alte Bäume verpflanzt und welches Wissen über die Natur wir wiederentdecken müssen.
11 . April 2023 - By Maik Novotny
Über 200 Mitarbeiter:innen beschäftigt Enzo Enea in seinen Büros, Werk-stätten und Gärten. Er entwirft nicht nur Gärten für Privathäuser und Offices von Peking bis Miami, sondern auch gleich das Mobiliar dazu. Vor 30 Jahren übernahm er den Betrieb von seinem Vater und verwandelte den Pachtgrund eines weitläufigen Klosterareals in Rapperswil südlich von Zürich in ein grünes Wunderland. Showroom, Büro und Karpfenteich, ein japanischer Teepavillon. Alte Bäume, die er sorgsam pflegt, bevor sie woanders wieder eingesetzt werden, der erste davon eine 1902 gepflanzte Rosskastanie, die einer Straßenverbreiterung zum Opfer fallen sollte, aber von Enea gerettet wurde. Und -mittendrin als Herzstück seiner Arbeit: das Baummuseum, ein Gesamtkunstwerk aus -Einzelbäumen und Skulpturen. Das klingt alles nach einem großen Ego, doch der 1964 gebo-rene Schweizer ist erstaunlich sachlich und bescheiden. Auch wenn sein Wissen heute mehr denn je gefragt ist. Ein Besuch in der grünen Welt von Enzo Enea in Rapperswil.
LIVING Sie haben hier auf dem Gelände eines Klosters ein Baummuseum eingerichtet. Was war die Idee dahinter?
ENZO ENEA Das Baummuseum ist ein Oval, das von den 400 Metern der olympischen Laufstrecke inspiriert ist. Olympia halte ich für eine der größten Errungenschaften der Menschheit. Hier dienen die 400 Meter aber nicht zum Rennen, sondern zur Kontemplation. Hier versammle ich Bäume, die andere gedankenlos entsorgen. Wildapfel, Wildbirne, Kirsche, Wacholder. Die Mutterpflanzen der Vitamine, die wir zum Leben brauchen. Wenn man diese Lebensgrundlagen wegwirft, gerät man als Mensch aus dem Gleichgewicht. Eingehegt ist das Baummuseum mit Eiben, einer Pflanze, die schon bei den Kelten und Römern eine besondere Rolle spielte.
Nicht nur im Baummuseum kombinieren Sie Natur und Kunst. Was reizt Sie an diesem Dialog?
Die Kunst dient als Verstärkung dieser Wiederbegegnung mit der Natur und ihrem Gleichgewicht. Auf der Art Basel haben wir eine kraftvolle Installation von 2000 Jahre alten Olivenbäumen präsentiert, die stark diskutiert wurde. 2021 haben wir die Aufmerksamkeit auf aussterbende Arten wie die Waldbuche und resiliente »Zukunftsbäume« wie die Waldkiefer gerichtet. Auch bei der Installation »For Forest« im Stadion von Klagenfurt 2019 ging es mir darum, die Wichtigkeit von Biodiversität zu vermitteln.