Lampendesign: Kunsthandwerk Glas
Mundgeblasenes Glas ist ein jahrhundertealter Rohstoff für Lampen. Lange vom Verschwinden bedroht, wird diese glühend heiße Handwerkskunst von einer jungen Designer-Generation verstärkt wiederentdeckt – und mit innovativer Technik verschmolzen.
15 . November 2019 - By Uwe Killing
Zurück in die Kindheit. Die Seifenblasen tänzeln durch die Luft, große und kleine, verschiedenfarbig schimmernd, bevor sie himmelwärts ziehen und zerplatzen. »Dieses Gefühl wollte ich in eine Lampe umsetzen«, sagt Sebastian Scherer. Um diese Herausforderung zu stemmen und Produzenten zu testen, unternahm der Berliner Designer einige Reisen, bis er schließlich im Bayerischen Wald landete. Dort, im vorindustriellen Ambiente der 1568 gegründeten Glasmanufaktur Freiherr von Poschinger, fand Scherer die Handwerksmeister, die ihm seine Kindheitsträume in eine feste Form bringen konnten.
Für das Modell »Iris« werden Kristallglaskugeln in der Weise gefertigt, wie es diese Glasmacher nunmehr schon in der 15. Generation tun: In einem mächtigen Schmelzofen wird ein Gemisch aus Quarzsand, Soda und Kalk auf bis zu 1450 Grad erhitzt, um die rot glühende Masse in Glas zu verwandeln, geformt in stundenlanger Schwerstarbeit, die zugleich enorm viel Fingerspitzengefühl erfordert. Das erahnt man, wenn man eine dieser »Iris«-Kugeln in den Händen hält: Sie sind nicht nur unterschiedlich groß – bis zu einem Durchmesser von 50 Zentimeter –, sondern jede ist auch ein Unikat, weil in der Oberflächenstruktur die archaische Handarbeit, das Atmen, Wenden, Abkühlen, Spuren hinterlassen hat – einschließlich feiner Unebenheiten und Blasen.
»Es war für mich ein nachhaltiges Erlebnis, die physische Intensität, die Hitze und diese beeindruckende Kunstfertigkeit der Glasmacher zu spüren«, fasst Sebastian Scherer die Eindrücke seines ersten Besuchs in der historischen Ofenhalle zusammen. Die enge Verzahnung zwischen Designer und Handwerker mit all ihren individuellen, ästhetischen Spielräumen macht neben der Produktqualität einen wesentlichen Unterschied zur industriellen Glasfertigung aus. Und das wird in der Design-Szene zunehmend wieder wertgeschätzt. Traditionsverbundene Glashütten, die zuvor ums Überleben kämpften, freuen sich über neue Aufträge.
Es war für mich ein nachhaltiges Erlebnis, die physische Intensität, die Hitze und diese beeindruckende Kunstfertigkeit der Glasmacher zu spüren.«
Gläserne Vielfalt

Das Glas von Sebastian Scherers Objekt »Iris« ist mit einer Spezialschicht überzogen – diese sorgt für unterschiedliche Farbwirkungen im Raum. neocraft.com
© Stuart Acker Holt