© Courtesy of MoMa Design Store

Iconomy: Design-Icons unter 100 mit Frank Kerdil

Wenn bildende Kunst auf Design trifft, geht das nicht immer gut aus. Bei Frank Kerdils »Mondri Vase« für die MoMA Collection allerdings schon. Die ist ein guter Grund für einen »Exit through the gift shop«.

12.04.2021 - By Manfred Gram

Um die Beziehung zwischen Kunst und Design zu beschreiben, könnte man zwei Sprachbilder zu einer windschiefen Metapher verbinden. Man hat es mit zwei verschiedenen Paar Schuhen zu tun, die gleichzeitig zwei unterschiedliche Seiten derselben Medaille sind. Rhetorische Feinspitze nennen das eben Formulierte Katachrese. Oder weniger geschwollen: Bildbruch. Diesem wohnt meist ein Funke Komik inne, der übrigens nicht immer beabsichtigt sein muss. 

In gewisser Weise hat man es auch mit Bildbrüchen zu tun, wenn sich Design zu intensiv von der Kunst inspirieren lässt. In den Museumsshops der Metropolen lassen sich dazu Feldstudien anstellen. In den schlimmsten Fällen vergeht dabei Mona Lisa das Lächeln und Gustav Klimt das Küssen. 

Es geht aber auch anders, wie der dänische Designer Frank Kerdil mit seiner »Mondri Vase« demonstriert. Für diese hat er sich vom niederländischen Maler Piet Mondrian inspirieren lassen. Was die Angelegenheit nicht unbedingt einfacher macht, denn die abstrakte Malerei des Konstruktivisten Mondrian musste für die Verzierung so einiger Alltagsgegenstände herhalten – vor allem sein ikonisches Meisterwerk »Komposition in Rot, Blau und Gelb«. Ein Blick auf einschlägige Instagram- und Pinterest-Seiten verschafft einen kleinen Überblick, wofür Mondrians Werk schon alles herhalten musste: Brieftaschen, Hauspatschen, Kaffeebecher, Bambus-Teller, Socken, Schals, Pullis, Tote Bags, Mousepads, Turnschuhe, Bettwäsche, Brillen-Etuis, Notizblöcke, ­Uhren, Sofas oder Türmatten. ­Und wer sich erinnern will: In den 1980er-Jahren nahm sogar das Verpackungsdesign einer bekannten Hairstyling-Serie Anleihen an Mondrians Werk. »Gleicher Schnitt, neuer Look«, hieß es damals in der Werbung. Gleiches Bild, neues Werk heißt es für Designer, wenn sie sich der Herausforderung stellen, sich Mondrian zu nähern. Es ist ein schmaler Grat zwischen Gift-Shop-Ramsch und ernst zu nehmendem Anspruch. 

Frank Kerdil, der als Lebensmotto »More of the same is not enough« angibt, ist für einen Endgegner Mondrian sicher mehr als prädestiniert und enttäuscht auch nicht. Seine »Mondri Vase« für die MoMA-Kollektion nimmt sich die zweidimensionale Vorlage des Gemäldes zur Brust und macht aus der strengen Optik desselben ein dreidimensionales Objekt aus transparenten, roten, gelben, blauen und schwarzen Acryl-Glas-Panels. Für eine upgedatete Version wechselte man zu Neon-Farben. Kerdils Arbeit ist eine verblüffend einfache Idee und eine gelungene Hommage an die minimalistische Ästhetik der De-Stijl-Bewegung, die Mondrian maßgeblich prägte. Dass die Vase in drei Kammern unterteilt ist, man also drei Vasen in einer hat, sorgt für eine multifunktionale Pointe.

»Mondri Vase« (Neon)

© Courtesy of MoMa Design Store

Das Werk von Piet Mondrian stand Pate für die »Mondri Vase«. Ein minimalistisches Meisterwerk
für Museumsshops und eine Hommage an die De-Stijl-Ästhetik. 

MoMA Collection
Jahr: 2009
Design: Frank Kerdil
Hersteller: PO selected
Preis: ca. 90 Euro

Frank Kerdil

Frank Kerdils Biografie zeigt, dass Lebensläufe von Kreativgeistern gerne einmal Haken schlagen. Der 74-jährige Däne ist eigentlich ausgebildeter Grafikdesigner und war stets eng mit der Werbebranche verbandelt. 1998 entschloss er sich aber dazu, ein eigenes Unternehmen zu gründen, das alle Bereiche von Konzept- bis Produktentwicklung abdeckt. Berühmt und preisgekrönt wurden vor allem Kerdils »Pineapple-Lampen«, die für das Traditionsunternehmen Dyberg Larsen gefertigt wurden. Seine Arbeiten zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass er vieles der Form unterordnet – allerdings nicht um jeden Preis. Das sorgt für spannende Resultate zwischen Fle-xibilität und Variantenreichtum. 

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