© Heidi Horten Collection

Heidi Horten Collection – Mehr als zeitgenössische Kunst

Neben der hochkarätigen Privatsammlung von Meisterwerken der klassischen Moderne bis hin zur Gegenwartskunst besticht das neue Museum durch Architektur und Interior.

22.07.2022 - By Birgit Pototschnig

Schlicht und prägnant ist alleine schon der Titel! Mit der Ausstellung »OPEN«, welche noch bis zum 2. Oktober 2022 zu sehen ist, feiert die Heidi Horten Collection die Eröffnung ihres neuen Museums in Wien. Dabei steht die Architektur des Hauses - gestaltet von » the next ENTERprise Architects« - unumwunden im Mittelpunkt dieser Eröffnungsausstellung und bietet eine wunderbare Bühne für die rund 30 ausgewählten Werke der leider mittlerweile verstorbenen Kunstsammlerin. Alleine schon die imposante Treppe, welche alle drei Ausstellungsebenen miteinander verbindet, wirkt wie das Herzstück des Gebäudes im Inneren des Hanuschhofs.

Letzteres ist durch einen spannungsreichen Wechsel von historischen und zeitgenössischen Elementen geprägt. Besonders erwähnenswert ist zudem der von Markus Schinwald gestaltete »Tea Room« im ersten Obergeschoß des Museums. Ein Ort zum Verweilen und zum Schmökern durch den Ausstellungskatalog sowie weiterer Kunstbücher, welche auf kleinen Tischen für Besucher:innen aufliegen. Das Interior Konzept besteht aus einer textilbespannten Vitrinenwand, hinter welcher auf Stellagen fallweise auch kunsthandwerkliche Objekte zu sehen sind. Im Zusammenspiel mit der ebenfalls von Schinwald entworfenen Möblierung, den eigens für diesen Raum gewebten Tapisserien sowie der raumgreifenden Installation von Hans Kupelwieser ergibt sich ein Gesamtkunstwerk von zeitgenössischer Anmutung. 

Die Deckengestaltung - mit einem Bagger gefaltete und geformte Aluminiumbleche - ergeben eine reizvolle Reliefstruktur. Durch die mittels Eloxierung behandelte tiefrote Oberfläche wirkt das ursprünglich glatte, kalte Material weich und samtig und erinnert an Fresken in barocken Palais- respektive Schlossbauten.

© Viennissima Lifestyle

Alle gezeigten Kunstobjekte geben exemplarisch einen Einblick in die über Jahrzehnte gewachsene und weiterentwickelte Sammlung, darunter ein hoher Anteil an Neuerwerbungen zeitgenössischer Kunst. Mit viel Feingefühl und großer Leidenschaft hat Heidi Goëss-Horten (1941-2022) ihre persönliche Kunstsammlung von mehreren Hundert Gemälden, Skulpturen und Grafiken von internationalem Rang geschaffen. LIVING hat die Ausstellung besucht und gibt einen kurzen Einblick zu einigen Kunstobjekten.

Die Treppe als Verbindungselement aller drei Ebenen lädt die Besucher:innen förmlich dazu ein, die Ausstellung ganz indiviuell zu besichtigen, beginnend mit dem Erdgeschoß oder mit dem 2. respektive 3. Stock.

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Robert Rauschenberg Crawfish Village Summer, 1987

Als Reaktion auf die Wegwerfgesellschafft wendet sich Robert Rauschenberg um 1950 der künstlerischen Arbeit mit Abfall zu. Jahrzehntelang setzt er gefundene Materialien und Objekte sowie Massenprodukte in seinen Werken ein. In Crawfish Village Summer bringt er Altmetall in eine sinnliche, dreidimensionale Form, die sich zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion bewegt. 

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Alighiero Boetti, Primo Giorno di Agosto, 1988

625 stark farbige Buchstaben stehen dicht gedrängt neben- und übereinander. Mal treten sie durch Form und Farbe hervor, mal ist der Grund das tragende Element. Die Arbeit wird primär als Bild und nicht als Text wahrgenommen. Jenseits ihrer dienenden Funktion setzt Boetti die Buchstaben als gestalterische Elemente ein und gesteht ihnen ein Eigenleben zu.

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Claude Lalanne, Grand Lapin de Victoire, 2001/13

Aufbruch, Licht und Neubeginn – dafür steht der Frühling. Freude am Erwachen der Natur symbolisiert auch der Hase, welcher gleich im Foyer des Museums die Besucher:innen empfängt. Claude Lalannes Grand Lapin de Victoire holt den Frühling ins Haus und versinnbildlicht die Strahlkraft eines jungen Museums. Seine aufrechte Haltung, die Vermenschlichung durch Wanderstock und Halskrause sowie eine hohe handwerkliche Qualität kennzeichnen das Tier.

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Tim Noble & Sue Webster Forever, 1996

Kunst wie Leuchtreklame. Für Tim Noble & Sue Webster ist sie Ausdruck für die britische Massenkultur der 1990er- Jahre. Forever besteht aus 194 in Dauerschleife geschalteten Glühbirnen. In Anlehnung an Beleuchtungen von Schaubuden, wie sie auf Jahrmärkten in südenglischen Badeorten typisch sind, formen sie einen immernden Schriftzug. Die Arbeit gehört zu den frühesten Lichtinstallationen des Künstlerduos. 

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Margherita Spiluttini, Schloss Schönbrunn, Berglzimmer, 2003

Sehnsuchtslandschaften des Südens waren die Spezialität des Rokokomalers Johan Wenzel Bergl. Vor rund 250 Jahren für die Schlösser Schönbrunn und Pielach bei Melk geschaffen, erzählen sie von der Faszination, die der Reichtum der Natur auf den Menschen ausübt. Margherita Spiluttini wirft in ihren Fotografien einen nüchternen Blick auf Bergls Idealvorstellungen von fernen Ländern. 

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Lena Henke, UR Mutter, 2019

Fragen zu den Möglichkeiten der Bildhauerei und ihrem grundlegenden Prinzip, Formen zu reproduzieren, leiten das künstlerische Schaffen von Lena Henke. In der Arbeit UR Mutter präsentiert sie die Skulptur einer Sau in poppigen Lilatönen. Als Symbol für Fruchtbarkeit oder Glück, aber auch für Unreinheit wird das Schwein so widersprüchlich wahrgenommen wie kaum ein anderes Tier. 

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Marc Quinn, The World of Desire, 2010

Für viele ist die Orchidee die Königin unter den Blumen. Im Bronzeguss hergestellt und bemalt, bezieht Marc Quinns Tropenschönheit ihre Wirkung vor allem aus ihrer Größe. Der Künstler gehört zu den zentralen Vertretern der Young British Artists. Seit den 1990er-Jahren setzt er sich immer wieder mit der Natur und der Beziehung zwischen Leben und Tod auseinander.

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Francois-Xavier Lalanne Singe Avisé, 2005/08

Freundliche Gelassenheit strahlt die überlebensgroße Tierplastik des sympathischen Affen aus. Mit der Hand auf dem Knie ruht das Tier in sich selbst und erinnert dabei entfernt an eine Buddhafigur. Doch ist sein Kopf nicht frontal ausgerichtet. Der Singe Avisé blickt neugierig zur Seite – ganz so, als hätte ein Ereignis von außen seine Aufmerksamkeit geweckt. Eines der Zentralwerke der Ausstellung.

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