© Casey Dunn

Hausgedruckt: Moderne Häuser im 3D-Druckverfahren

Schicht um Schicht zum fertigen Haus. In der Welt dreidimensionaler Drucker werden immer mehr Materialien einsetzbar. Längst lässt sich beispielsweise auch Beton verarbeiten, wobei völlig neue Formen möglich werden und eine ganz eigene Ästhetik entsteht. LIVING zeigt Ihnen einige spannende moderne Hausprojekte.

16.08.2022 - By Redaktion

Sichtbeton mag eine Erkennungsmerkmal des Industrial-Chic sein, aber wenn er aus dem 3D-Drucker stammt, ist gar nichts mehr nackt und kühl und roh. Stattdessen schlängeln sich die Schicht für Schicht entstandenen Wände harmonisch durchs Haus und versprühen einen ganz eigenen, neuartigen Charme. Plötzlich halten runde Formen Einzug und verdrängen Ecken und Kanten. Ganz klar: Häuser, die mit Hilfe großer 3D-Drucker entstehen, revolutionieren nicht nur die Art des Bauens, sondern auch das Erscheinungsbild moderner Häuser. Dazu kommt, dass findige Ingenieure und Architekten damit auch das Thema Nachhaltigkeit anpacken, denn wo frisch gedruckt wird, lassen sich mitunter auch die gegebenen Ressourcen verwenden. Statt Baumaterial zur Baustelle zu bringen, wird es vor Ort erzeugt, wie beispielsweise das Tecla House zeigt. 

Tecla House, Ravenna, Italien

​​In Massa Lombarda, einer kleinen norditalienischen Gemeinde, befindet sich das TECLA-Haus: das erste Haus aus dem 3D-Drucker, welches komplett aus nackter Erde besteht. Ein bahn­brechendes Projekt, bei dem tatsächlich rohe Erde verwendet wurde, die in unmittelbarer Nähe des Hauses zu finden ist. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit zwischen der italienischen 3D-Druckfirma WASP und dem Architekten Mario Cucinella, der »Hightech mit lokalem Baum­aterial« kombinieren wollte. Hier gibt es weder lange Transportwege noch eine CO2-intensive Herstellung und selbst beim Gestaltungsprozess wurde der Klimawandel berücksichtigt. So kann das Haus zum ­Beispiel in feuchteren Regionen mit mehr Belüftung gedruckt werden, in wärmeren dagegen ­geschlossener, um das Innere kühl zu halten. Mit einer Fläche von rund 60 Quadratmetern bietet das TECLA-Haus einen Küchen-Wohnbereich und einen Schlafbereich mit Bad. Sogar die Einrichtungs­gegenstände wurden zum Teil aus lokalem Lehm gedruckt und fügen sich so nahtlos in das Gesamtbild ein. Die Kuppeln sind mit gläsernem Oberlicht versehen, um den Räumen möglichst viel Tageslicht zu verschaffen. Für Cucinella stellt das Projekt eine Verbindung zu den Lehmhäusern dar, die unsere Vorfahren einst bauten und von denen einige bis heute noch stehen. Ein Ort also, an dem Vergangenheit und Zukunft aufeinandertreffen. 

House Zero, Texas, USA

Was beim TECLA-House das Baumaterial ist, ist beim House Zero die generelle Bauweise. Auch hier wurde ein moderner 3D-Drucker eingesetzt, der jedoch auf für dieses Verfahren optimierten Baubeton verwendete, statt Lehm. Dafür ist das Haus als sogenanntes Nullenergiehaus konzipiert, erzeugt also in Summe über das Jahr verteilt genau so viel Energie, wie es von Extern bezieht – und ist somit ebenfalls auf Nachhaltigkeit getrimmt. Das Architekturbüro Lake|flato hat sich für dieses Projekt intensiv mit den Software-Designern, Roboteringenieuren und Materialforschern des Bauunternehmens ICON auseinandergesetzt, um ihre Idee eines gedruckten Wohnhauses in die Tat umzusetzen. Entstanden ist das House Zero, das die natürlichen Gegebenheiten des Bundesstaates Texas aufgreift und sich dank des großzügigen Einsatzes von Holz Ideal in die Landschaft integriert. Runde Formen finden sich auch im House Zero wieder, wobei es speziell der Mix aus Materialien ist, der der Gesamterscheinung trotz des Einsatzes modernster Robotik und einem ausgeklügelten Druckverfahren fast schon etwas natürliches verleiht.  

3D-Druck-Haus, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

Italien, USA – und nun auch Deutschland. In immer mehr Ländern experimentieren Architekturbüros und Bauunternehmen mit dreidimensionalen Druckverfahren. Dieses innovative Projekt in Beckum, Nordrhein-Westfalen hat sogar Pioniercharakter, denn es ist landesweit das erste Haus, das aus dem 3D-Drucker stammt. Umgesetzt wurde es von Mense-Korte Ingenieure & Architekten, denen es gelungen ist sämtliche bürokratische Hürden zu überwinden und dieses Wohnhaus Realität werden zu lassen. Um sich den Dimensionen dieses Unterfangens bewusst zu werden, verhilft ein Blick auf die Zahlen. Für das zweigeschossige Haus mit einer Wohnfläche von 160 Quadratmetern, kam ein 3D-Drucker zum Einsatz, der nicht weniger als 12 Meter in der Höhe bewerkstelligen kann. Gedruckt wurden dabei nicht nur die tragenden Wände, sondern nahezu alles, was das Haus später ausmacht. Von der Badewannenfassung bis hin zur Balkonwand – Schicht um Schicht wurde das Haus in die Höhe gezogen. Das erstaunliche an diesem Projekt: Die Bauzeit bis zum fertigen Rohbau betrug weniger als ein Jahr, dafür mussten aufgrund der eigenwilligen Formen und Grundrisse viele Möbel extra angefertigt werden. Und dennoch beliefen sich die Kosten in überschaubarer Höhe. So soll das Pilotprojekt in Beckum rund 450.000 Euro gekostet haben, gleichzeitig aber den neuesten Energie- und Nachhaltigkeitsmaßstäben entsprechen. 

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