Handwerk zur Perfektion
In der Fashion-Szene ist Arthur Arbesser längst zu einem der erfolgreichsten heimischen Exporte avanciert. Mittlerweile in Mailand zu Hause, will der gebürtige Wiener Designer mit dem großen Faible für exzentrische Muster jetzt auch das Produkt- und Möbeldesign aufmischen. Der LIVING-Talk über Produktionsprozesse und warum das eigene Zuhause so wichtig ist. Interview: Amelie-catharina Bacher & Magdalena Pötsch
04.02.2022 - By Magdalena Pötsch
Nicht ohne Grund spricht man in der Designbranche vom heimischen »Rising Star«, wenn es um Arthur Arbesser geht. Der österreichische Fashion-Designer lebt und werkt seit geraumer Zeit in Mailand, hat die Szene dort längst erobert und mischt jetzt immer häufiger im Produktdesign mit. Auch eine Möbelkollektion soll bald aus seiner Feder kommen. Falstaff LIVING hat nachgefragt.
LIVING Nach einer coronabedingten Pause konnten Sie im September endlich wieder
Ihre Kollektion auf der Milan Fashion Week präsentieren. Was haben die letzten nahezu zwei Jahre mit Ihnen gemacht?
Arthur Arbesser: Ich bin ein echter Menschenfreund! Insofern war es besonders schön, wieder Freunde und Journalisten zu sehen, die mich von Beginn an begleitet und unterstützt haben, und ihnen meine Arbeit der letzten sechs Monate zu zeigen! Und endlich wieder Suzy Menkes in Mailand zu haben. Mode ist ein Geschäft, das zwischen Menschen passiert – der Kontakt mit anderen ist daher ganz essenziell!
Inwiefern hat Corona den Design- und Produktionsprozess verändert?
Es hat mir – als kleines, unabhängiges Nischenlabel – zuerst einmal gezeigt, dass es ganz wichtig ist, auf jeden Fall weiterzumachen und durchzuhalten. Und dem Instinkt zu folgen – nicht der Markt oder irgendwelche Headlines, sondern deine persönliche kreative Sprache ist das, was zählt! Reine Bekleidung gibt es ja ganz offensichtlich zu viel und braucht niemand.
Ihre Kreationen sind meistens farbenfroh und stark von geometrischen Mustern beeinflusst – so auch Arbesser Casa – der Grund dafür?
Ich habe, meinem Gott sei Dank, ein sehr waches, neugieriges Gemüt. Darum bin ich auch auf Buntes, Exzentrisches konzentriert, das inspiriert mich sehr.
Sie hatten kürzlich eine Kooperation mit dem Sofitel »SO/ Vienna« und haben die Uniformen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu designt …
Kooperationen sind eigentlich immer bereichernd, immer interessant und man lernt immer etwas! Ich liebe Wien, ich liebe Architektur, etwa die Arbeit des Architekten des »SO/ Vienna«, Jean Nouvel, und Kunst, etwa von Pipilotti Rist – stark vertreten auf den Decken des Hotels. Insofern war ich sofort interessiert an dem Projekt! Als Selbstständiger mit meinem Label genieße ich es auch manchmal, für jemanden anderen zu arbeiten – als Ziel zu haben, den Kunden zufrieden zu machen! Insofern hatte ich großen Spaß bei diesem Projekt!
2022 designen Sie zum zweiten Mal die Kostüme für das Neujahrskonzert bzw. das Ballett. Wie unterscheidet sich dieser Designprozess von den Kollektionen für Ihr Label?
Für Oper oder Ballett zu arbeiten ist für mich reines Oxygen, die pure Kreativität! Völlig losgelöst von jedem kommerziellen Gedanken. Auf die Vision eines Regisseurs oder Choreografen einzugehen ist immer spannend! Mit Martin Schläpfer, dem wegweisenden Choreografen und Ballettchef der Wiener Staatsoper, für das Neujahrskonzert zu arbeiten war ein Traum und wirklich faszinierend! Ein unglaublich positiver Austausch. Ich denke, wir haben was ganz Feines, Modernes für diesen beliebten TV-Klassiker geschaffen.
Bei Ihren Shows sind Ihnen auch die Kulissen sehr wichtig. Beeinflussen sich Kulisse und Kollektion gegenseitig?
Ja, immer! Wenn man sich schon dazu entscheidet, eine Modeschau auf die Beine zu stellen, muss das ein Gesamterlebnis sein,
bei dem sich nicht nur die Kleider behaupten müssen. Location, Musik, Casting … da ist jedes Detail extrem wichtig.
Auch interessiert Sie das Produktdesign, etwa Decken und Teppiche für das Label Hem oder für Ihre eigene »Casa Collection«. Für diese gab es Tischtücher, Stoffservietten und Tischsets – was reizt Sie daran, die Welt des Wohnens in Ihre Kollektionen aufzunehmen?
Kaum etwas interessiert mich so sehr wie der Umstand, wie Menschen leben – und das hat für mich gar nichts mit Geld zu tun. Glauben Sie mir, die stilvollsten Einrichtungen habe ich bei Menschen mit einem weniger dicken Konto erlebt! Mich fasziniert viel mehr, wie man mit wenigen Elementen eine eigene, persönliche Atmosphäre schaffen kann.
Inwieweit hat Corona die Design- und Einrichtungsbranche verändert?
Entspannen, lesen, fernsehen, am Laptop arbeiten, SMS schreiben, essen. Das Sofa ist der Hauptdarsteller, umgeben von einem Ökosystem von Nebendarstellern: Chaiselongues, Sessel, Beistelltische und Ottomane arbeiten zusammen, um eine Insel des Wohlbefindens zu schaffen – eine wahrhaft »zollfreie« Zone.
Sind die Menschen optimistisch, was das nächste Jahr angeht, oder sind sie immer noch sehr skeptisch?
Es ist schwierig, sich vorzustellen, was nach einer so schweren globalen Pandemie auf uns zukommen wird. Aber wir hoffen sehr, dass die Menschen erkannt haben, wie wichtig es ist, in einem komfortablen und praktischen Haus zu leben, in dem man Frieden und Harmonie weit weg vom Chaos der Außenwelt finden kann.
2022 wird es einen großen Flagship-Store in Wien geben. Worauf können wir uns freuen?
Ja, ich bestätige, dass es 2022 einen Flagship-Store in Wien geben wird, aber ich kann die Überraschungen, die dort passieren, noch nicht verraten … Was ich sagen kann, ist, dass es sich um eine atemberaubende zeitgenössische Architektur handeln wird und dass die Inneneinrichtung des Flexform-Design-Centers die charakteristische zurückhaltende Eleganz widerspiegeln wird, die Flexform-Räume auf der ganzen Welt immer wieder ausgezeichnet hat.