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»Geschmack kann man kaufen, Stil aber nicht« Martin Brudnizki

Sein Interior-Design vereint perfektes Handwerk, kostbares Material und das Gefühl von Luxus. Martin Brudnizki zählt fraglos zu den weltbesten Gestaltern und ist für eklektischen Maximalismus bekannt. Ein spannender LIVING-Talk über Restaurantkonzepte, Trends und Vorbilder.

15.03.2023 - By Florentina Welley

Paris, London, New York sind bekannt für die »sexiest« und luxuriösesten Restaurants und Clubs. Einige davon hat einer der begehrtesten Interior-Designer der Szene kreiert, wie etwa den -legendären Londoner Privatclub »Annabel’s«, das »Sexy Fish« oder das »Scott’s.« Und weil bei seinem Interior-Design solides Handwerk mitspielt, reist Martin Brudnizki sogar manchmal nach Wien, um handgefertigte Messing-lampen beim Traditionsunternehmen WOKA zu ordern. Diese vertreibt er dann in seinem Produktdesignstudio And Objects, so wie auch weitere maßgeschneiderte Home-Accessoires. Der in London und New York ansässige Stockholmer Designer will mit seinen glamourösen Interior-Pieces aber vor allem Gefühle wecken und hat dies bereits mehrere Male in LIVING kundgetan. In unserer Jubiläumsausgabe erzählt er uns u. a., was es Neues in seiner Welt zu berichten gibt.

LiVING Sie sagten uns einmal: »Wenn ich einen Ort gestalte, denke ich an die Emotionen, die beim Betreten ausgelöst werden.« Ist das immer noch Ihr Motto?

MARTIN BRUDNIZKI Absolut. Man muss ein Gleichgewicht zwischen Räumen schaffen, die aktuelle Emotionen der Gäste wider-spiegeln, egal ob diese eine ruhige Zone zum Entspannen oder ein animiertes Ambiente suchen, in das sie sich hineinstürzen können. Gleichzeitig müssen Räume die Stimmung der Gäste auffangen und heben und sie an Orte bringen, die sie überraschen, die sie noch nicht kannten. So eine Planung ist sehr facettenreich, gute Restaurants müssen heute an vielen Fronten überzeugend sein.

Und Geschichten erzählen …

Man achtet auf den Kontext, die Kultur und die Kundschaft – das sind die wichtigsten Punkte. Es ist essenziell, dass das Interior auf die Straße, das Viertel, die Stadt sowie auf die Kund:innen, ihre Marke und die Geschichte, die sie zu erzählen versuchen, eingeht und sie wiedergibt.

Von wem lassen Sie sich inspirieren?

Meine Favorit:innen sind Dorothy Draper, Madeleine Castaing, Renzo Mongiardino, Emilio Terry und David Hicks. Ich könnte noch viele mehr aufzählen. Wir haben das Glück, im 20. Jahrhundert so wunderbare Designtalente gehabt zu haben.

Sie haben ein besonderes Talent bei der -Lichtgestaltung. Ein essenzieller Teil in einem Restaurant, das erfolgreich werden will.

Mein Gott, Licht ist in der Tat so wichtig. Es kann das gesamte Innendesign lebendig -machen oder es regelrecht zerstören. Man sollte auch immer darauf achten, nicht nur Glühbirnen mit kaltem Licht zu verwenden, sondern auch jene mit wärmerem Licht, damit man unterschiedliche Lichtsituationen schaffen kann. Von Tisch- und Stehlampen über Wandleuchten bis hin zu Deckenleuchten – damit kann man fast einen orchestralen Lichteffekt erzielen.

Was sind Ihre Top-drei-Tipps für ein zeitloses, stilvolles Interior?

Erstens Persönlichkeit. Geschmack kann man kaufen, Stil aber nicht. Man sollte das Interior aussuchen, das man sich wünscht, und nicht darauf achten, was anderen gefällt. Funktionalität und Komfort spielen ebenso eine große Rolle. Das Interior muss zum Lebensstil passen. Das ist nicht so schwer. Mit Pflanzen und Kunstwerken kann man dem eigenen Stil Persönlichkeit verpassen. Und es geht nicht nur um ein schönes Sofa im -Wohnzimmer, sondern auch um Wohnaccessoires.

LIVING feiert heuer zehnjährigen Geburtstag. Und wir haben uns ziemlich weiterentwickelt. Was haben Sie in den letzten Jahren an Ihren Designkonzepten verändert?

Viele Restaurants sind seit Jahrhunderten gleich geblieben. Das Wichtigste waren ein Stuhl, ein Tisch und ein Platz, um bequem zu essen. Was sich tendenziell ändert, ist das -Essen selbst, und dem passt sich das Interior heute an. Wir haben in den letzten zehn Jahren einen Trend zu lässigerer Eleganz gesehen. Fine Dining wird durch ein ungezwungeneres Ambiente ersetzt, während das Gefühl von Luxus erhalten bleibt. Wir sehen auch, dass viele Kund:innen etwas Experimentelles -suchen, ein Erlebnis schaffen wollen, um ihre Gäste in andere Welten zu versetzen.

Was ist die wichtigste Aufgabe bei der Restaurantplanung?

Dass man ein Theater mit Animation erschafft. Dafür haben wir mittlerweile ein paar Tricks auf Lager. Egal ob Bar, Esstheke oder Showküche, sie alle helfen, eine gewisse Atmosphäre zu schaffen.

Und was ist die schwierigste Aufgabe?

Da gibt es schon einiges zu bewältigen. Zum Glück gibt es aber heute mehr Nachfrage nach Hospitality als früher und damit auch ein vielfältigeres Angebot an Projekten und Konzepten. Die Kehrseite ist, dass es mehr Konkurrenz gibt und jeder möchte, dass sein Restaurant gleich zum Hotspot der Stadt wird. Aber Restaurants müssen ihre Stammgäste im Laufe der Zeit aufbauen und auf Langlebigkeit abzielen.

Können Sie neue Trends beobachten? Werden Restaurants größer, kleiner, offener konzipiert?

Wir versuchen, uns nicht zu sehr auf Trends zu konzentrieren, aber die Gäste verlangen regelmäßig nach etwas anderem. Deshalb ist auch für jeden etwas dabei. In einigen Locations können wir sogar eine Rückkehr zu klassischen einfachen Räumen bemerken, während andere auf Inszenierung und Emotionen setzen.

Bei Clubs und Bars gelten andere Regeln?

Heute ist eine Statement-Bar ein Muss. Auch ein Raum, der sich verwandeln kann, ist wichtig, in dem man etwa die Tische wegräumen kann, wenn man Platz zum Stehen braucht oder als Tanzfläche oder Bühne für eine Band. Auf der anderen Seite braucht man auch gemütliche und intime Bereiche für Gäste, die dem Gedränge entfliehen möchten und sich in einem komfortablen, vielleicht ein wenig -dekadenten Ambiente wohlfühlen möchten.

Woher kommen die meisten Ihrer Interior-Aufträge heute?

Unser Studio ist ziemlich international und stützt sich auf Kund:innen aus der ganzen Welt. Wir haben in London begonnen, aber jetzt arbeiten wir in Paris und zunehmend in Italien und Deutschland. Auch die USA sind für uns ein großer Markt.

Wir sind neugierig: Haben Sie einen ganz -persönlichen Restaurant-Favoriten?

Da kann ich mich echt nicht entscheiden. Soeben eröffnete »Sexy Fish Miami«. Weiters wurde gerade die »Vesper Bar« im »The -Dorchester« in London fertig und eine Bar im »Ritz-Carlton Nomad«, New York. Ebenso werden 2023 Hotelprojekte finalisiert, wie das »La Fantaisie« und »Le Grand Mazarin« in Paris und »The Fifth« in New York. Ich hab einfach ständig was zu tun.

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