Enzo Enea: »Ein Dialog mit der Natur«
Bäume sind für ihn Kraftquellen. Der Schweizer Enzo Enea rettet sie vor dem Fällen. Und er pflanzt die Riesen der Natur behutsam um – damit sie Teile seiner Gartenkunstwerke werden. Das LIVING-Gespräch mit einem der weltweit gefragtesten Landschaftsarchitekten.
18 . Juli 2021 - By Uwe Killing
Das Areal am Ufer des Obersees war früher ein Klostergarten. Es ist eine Traumlage, in der heute Bäume mit knorrigen Stämmen und imponierenden Kronen ein neues Zuhause gefunden haben. Das Baummuseum in Rapperswil-Jona im Kanton St. Gallen wurde 2020 von Enzo Enea angelegt. Und in der Nähe befindet sich seine Firmenzentrale, von wo aus der 57-Jährige Projekte auf der ganzen Welt koordiniert. Aus der Gartenbaufirma seines Vaters entwickelte er Enea Landscape Architectures. Eine Marke, die für die Symbiose aus kunstvollen Gärten, kühner Architektur und dem Respekt vor der Natur steht. Enzo Enea hat exklusive Gärten für Kunden wie Prinz Charles oder Tina Turner angelegt und sich zugleich als Impulsgeber für den grünen Städtewandel profiliert.
LIVING: Wo wachen Sie am liebsten auf?
ENZO ENEA: Im Baumschatten.
Sehen Sie einen Baum eher als Skulptur oder als Persönlichkeit?
Der Baum ist ein Lebewesen. Seine Persönlichkeit entwickelt er wie alle Lebewesen durch die genetische Prägung, die bei Geburt herrschenden Chancen, das Leben, das er lebt, und die inneren und äußeren Einflüsse. Die Skulptur, die wir sehen, ist schließlich das Resultat all dieser Einflüsse über die Zeit. Die Persönlichkeit macht die Skulptur, die Skulptur ist seine Persönlichkeit.
Sie sind Gründer eines Baummuseums. Ein organisches Lebewesen in einem Freilicht-
Museum – ist das nicht widersprüchlich?
Wir haben ja keine Bäume in ein Museum gepackt, sondern Bäume gerettet, die sonst gefällt worden wären. Alle Bäume wurden über 25 Jahre gesammelt und leben nur dank des Baummuseums weiter. So können sie ihrem ökologischen Nutzen weiter nachkommen und uns für den Wert der Natur sensibilisieren. Ihre skulpturale Schönheit unterstreichen wir durch die als Leinwand wirkenden Mauern aus Muschelkalk. Diese Steine wären aufgrund ihrer Risse auch entsorgt worden. Somit war das Baummuseum schon vor mehr als zehn Jahren ein Projekt zur Sensibilisierung für die heute aktuellen Themen Re-Use, Upcycling und urbane Begrünung.