© Romana Fürnkranz

Digital wird real: Wie ein Roboter Wohnungen vermietet

Der erste Liegenschaftsverkauf, bei dem sich Käufer und Verkäufer nie physisch begegnet sind, fand bereits statt. In einem Wiener Luxusturm vermietet ein Roboter Wohnungen. Und weltweite Immo-Investitionen lassen sich dank sogenannter Tokenisierung künftig ganz leicht vom Computer aus tätigen.

19.04.2021 - By Heimo Rollett

Lange hat man nicht so recht gewusst, was das eigentlich ist, die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft. Als im SIGNA-Projekt »Bel & Main Residences« am Wiener Hauptbahnhof ein Roboter ins Apartment gefahren kam und mit den Anwesenden zu sprechen begann, war klar: Jetzt wird es ernst mit den Visionen zwischen null und eins.

Dabei braucht es ja eigentlich keinen Roboter, das witzige Ding veranschaulicht nur, was alles schon funktioniert. Beachtlich ist etwa, dass die SIGNA erstmals den kompletten Vermietungsprozess digitalisiert hat. Ein intuitiv zu bedienendes Portal zeigt alle wichtigen Informationen für die entsprechende Wohnung an. Alle. Und es bietet auch eine 3D-Besichtigung, bei der man wählen kann, ob man das Apartment leer, möbliert oder bemaßt (mit den entsprechenden Längen und Höhenangaben der Räume) anschauen will. Persönliche interaktive Exposés und optio­nale Beratungstermine (real oder online) ergänzen das Infoangebot. Weiter geht die Customer-Journey mit der Abgabe eines rechtsgültigen und verbindlichen Mietanbots. Der Bonitätsnachweis erfolgt mittels hoch­geladenen Lohnzetteln oder über das ­österreichische Partnerunternehmen ­FINcredible. Unterschrieben werden kann ebenfalls mit dem eigenen Computer – und schwupps, schon kann man einziehen. Während das Mietportal der SIGNA-Gruppe ­besonders rechtlich herausfordernd war, ­lag bei Roboter AVA der Teufel eher im technischen Detail. 

Aber auch das klappt. Da kommt der drollige Kerl in die Wohnung hereingefahren und plaudert mit einem. Als Gesicht hat AVA ei­nen Screen, auf dem man einen echten Menschen sieht, der sich mit einem unterhält oder die entsprechenden Infos einblendet. »Die Spielarten, den Roboter einzusetzen, sind vielfältig«, erklärt SIGNA Real Estate Austria CEO Christoph Stadlhuber. Durch AVA werden unabhängig von Zeit und Ort alle Varianten bis hin zu einer kompletten Online-Live-Begehung möglich, bei der weder Berater noch Interessent die Wohnung betreten müssen. Interessierte können sich auch (ganz covidsicher) vor Ort von dem ­Roboter durch die Wohnung führen lassen. Derzeit arbeitet AVA in den »Bel & Main«-Wohnungen. Schade fast, dass er über keine Emotionen verfügt und sich demnach nicht über die weitläufigen Ausblicke über das Schloss Belvedere und den Schweizergarten freuen kann.

Digitale Gewerbetransaktion

Was für Mieter geht, funktioniert auch für Käufer. Letzten Sommer fand die erste vollständig digitale Transaktion einer österreichischen Gewerbeimmobilie statt. Die BUWOG und das Start-up Realest8 schafften es, sämtliche Transaktionsschritte für den Verkauf einer Liegenschaft – also die notarielle Beglaubigung sowohl des Kaufvertrags als auch der Pfandurkunde inklusive entsprechender Finanzierung – papierlos durchzuführen. Für diese Innovation ist sogar das Coronavirus mitverantwortlich, genauer gesagt der zur Verhinderung einer weiteren Verbreitung --des Virus in Kraft getretene § 90a der No-tariatsordnung. Dieser erlaubt notarielle Amtshandlungen auch unter Nutzung von elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten. Und so wurde ein Video-Call zum wesentlichen Element, mithilfe dessen sämtliche Urkunden nach Identifikation über Web-ID zwischen den Vertragsparteien ausverhandelt wurden. Nach Abstimmung und Finalisierung der Verträge wurden die authentifizierten Abschlüsse in einen Datenraum der Realest8-Plattform geladen, die Identitäten der Vertragsparteien nach-gewiesen und die digitalen Unterschriften wäh-rend des Video-Calls über einen geteilten Bildschirm vom Notar beglaubigt. Anschließend wurde die Eintragung des Eigentums- und Pfandrechts beim zuständigen Grundbuchsgericht verbüchert.

Immobilien wie Wertpapiere

Eine ganz andere, völlig neue Art, in Immobilien zu investieren sind Security Token. Auch hier ist ein österreichisches Start-up ganz vorne dabei – Black Manta Capital. Wie funktioniert das? Im Prinzip werden Rechte an einer Immobilie gekauft und verbrieft – ähnlich wie bei Wertpapieren. Der Investor überweist einen Geldbetrag (oder theoretisch auch einen Kryptogeldbetrag) an den Emittenten des Token – also zum Beispiel den Immobilienentwickler. Die erworbenen
Token werden auf das Wallet (ähnlich einem Depot) des Investors übertragen. Dieser erhält damit je nach Ausgestaltung auch die mit dem Erwerb verbundenen Rechte wie etwa Eigentumsrechte, Genussrechte oder Vorkaufsrechte.

Gespeichert wird das Ganze automatisiert und extrasicher auf einer Blockchain – aber das ist wieder ein eigenes Kapitel. Fest steht: Security-Token ermög-lichen Investoren somit schon ab kleinen Investment-Beträgen und gegen geringe Gebühren einen einfachen und schnellen Zugang zu Immobilien – und das weltweit. Ein wenig beim Projekt A in Brasilien, etwas mehr in Chongqing und dann noch klassisch ein Projekt in London – so könnten Private in Zukunft mittels Security-Token Immobilienanlagen tätigen. Der österreichische Immobilienentwickler Tigris Immobilien hat auf diese Weise knapp 2 Millionen Euro Kapital für sein Projekt in der Berliner Stralauer Allee 17A gesammelt.

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