© Laure Prouvost

Die Kunst in Zeiten der Pandemie

Klassische Moderne in der Albertina? Warhol im mumok? Beethoven im KHM? viennacontemporary? FIAC in Paris? Curated by Galerienrundgänge? Der Herbst wirft viele Fragen auf. Man müsste Prophet sein. Wir glauben einfach daran und haben uns umgehört

10.09.2020 - By

Wie heiß wird wohl der Kunst-Herbst? An guten Ausstellungen und Angeboten fehlt es jedenfalls nicht. Die ominöse Corona- Ampel soll bei Kulturveranstaltungen regeln, wie viele Besucher, etwa im Theater, anwesend sein dürfen, sagt die Politik. Museen, Messen, Galerien sind besuchertechnisch natürlich flexibler als Theater. Aber in Salzburg hat man sich über adaptierte Festspiele getraut. Auch zwei regionale Kunstmessen fanden statt. Die großen, internationalen haben es schwerer. Die 51. Ausgabe der Art Basel wurde Anfang Juni abgesagt. Wenig später kam das Aus für die Frieze London und Frieze Masters im Oktober. Zumindest virtuell, mit »Viewing Rooms«, versucht man die messefreie Zeit zu überbrücken.

Galerist Thaddaeus Ropac hofft, dass die Pariser Zeitgenossen-Messe FIAC im Oktober eröffnen kann: »Ich bin mit den Veranstaltern in engem Kontakt. Die sind die einzigen, die – so wie die Salzburger Festspiele – entschlossen sind. Aber natürlich ist es einfacher, wenn man im Grand Palais ist, in dieser riesigen Halle, diesem Dom, als in einem Zelt mit einer sehr beschränkten Raumhöhe.« Entschlossen ist man auch in Wien, wo die viennacontemporary, die Messe für zeit­genössische Kunst mit Ost-Schwerpunkt, wie geplant stattfinden soll (24.–27. 9.). Wenn auch mit weniger internationalen Ausstellern. Aus insgesamt 17 Ländern statt zuletzt 25 sollen sie anreisen. Wenn sie können. »Curated by« scheint dagegen eine sicherere Kunstbank. Das Wiener Galerienfestival lässt diesmal vor allem Kuratorinnen und Kuratoren ran, die ohnehin in Wien wohnen, um mit ihren Ausstellungen in 26 Wiener Galerien zu locken (8.–26. 9.). Auch der kürzlich neu konstituierte Verband österreichischer Galerien moderner Kunst plant eine konzertierte Aktion für den Herbst, verspricht Vorstandsmitglied Martina Janda.

Andy-Warhol-Schwerpunkt im Herbst

Ungewissheit herrscht natürlich in den großen Museen: »Wir müssen die Entwicklungen
beobachten. Der Schutz unserer Besucher und Mitarbeiter hat Priorität, daher haben wir auch präventiv die Maskenpflicht wieder eingeführt und verzichten auf Eröffnungsevents«, sagt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Auf Sicherheit setzt ebenso mumok-Direktorin Karola Kraus, die im Herbst Andy Warhol einen Schwerpunkt widmet. Das Kunsthistorische Museum feiert Jahresregent Ludwig van Beet­hoven nach. »Beethoven bewegt« war Anfang März eröffnungsbereit. Die Leihgaben blieben während des Shutdowns im Museum.

Am 29. September geht Beethoven neu an den Start. In der Albertina steht bis Mitte November bei »Van Gogh, Cézanne, Matisse« die Sammlung Hahnloser auf dem Programm: »Wir mussten während der Schließzeit unseren Ausstellungsplan ganz neu denken und haben früh entschieden, die große Modigliani-Retrospektive vom Herbst 2020 um ein ganzes Jahr auf 2021 zu verschieben.

»Wir sind sehr zufrieden!«

In den Sommer­monaten hatten wir aufgrund der ausbleibenden Touristen nur etwa ein Viertel der Besucher im Vergleich zu den letzten Jahren. Aktuell kommen jedoch glücklicherweise wieder zunehmend Besucher, die in Wien ihren Urlaub verbringen, vor allem aus den Nachbarländern.« Von einem Einbruch von rund 80 Prozent im ersten Halbjahr berichtet auch das KHM, wo man derzeit etwa die Jahres­karte vergünstigt anbietet, um Besucher zu animieren. Und Carola Kraus hält fest: »Dank meines engagierten Teams konnten zahlreiche Programmpunkte im Bereich der Kunstvermittlung neu gedacht werden und finden unter Berücksichtigung aller Maßnahmen auch problemlos statt.

Das heimische Publikum ist weitaus engagierter, als man vermuten mag.« Auch Schröder freut sich über den Zuspruch für die neue Albertina Modern, erinnert dabei an ebenfalls etwas hermetische Zeiten: »Wir sind sehr zufrieden! Die Eröffnungs­ausstellung ›The Beginning‹ wird sehr gut angenommen. Es wird erst durch Ausstel­lungen wie diese im Rückblick klar, welchen Ideenreichtum es nach dem Zweiten Weltkrieg in dieser Stadt gab, die damals nicht mitten in Europa, sondern an der Grenze des Eisernen Vorhangs lag. Wir können stolz darauf sein, welche künstlerische Qualität in diesem Land vorhanden war und bis heute ist.«

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Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 05/2020

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