Die exklusivsten Taschen-Klassiker
Luxushandtaschen sind für viele Frauen das größte Objekt der Begierde. Dabei kommt es aber nicht nur auf Logos und Status an: Viele Handtaschen faszinieren durch ihre Historie – und ihre Wirtschaftlichkeit als Wertanlage.
17 . Dezember 2019 - By Sandra Keplinger
Es waren die frühen Achtziger, als die in Paris ansässige englische Schauspielerin Jane Birkin zufällig neben dem damaligen Hermès-Chef Jean-Louis Dumas im Flieger saß. Man erzählt, dass sich ihre Tasche öffnete und sich der gesamte Inhalt im Flieger verteilte. Dumas forderte sie prompt auf, ihre Ideen für die perfekte Tasche zu skizzieren, und eine Stunde später war die berühmte Birkin Bag gedanklich geboren. Ihre Ideen notierte Jane Birkin angeblich auf einer Kotztüte aus dem Air-France-Flieger: »Sie muss größer und lässiger als die Kelly, aber kleiner als Serges (Gainsbourgs) Koffer sein.«
1984 wurde die erste Birkin Bag auf den Markt gebracht. Ihr Design, eine Mischung aus Eleganz und sportlicher Großzügigkeit, modernisierte das französische Luxushaus. Dabei war Jane Birkin nicht die erste Prominente, der das Haus eine eigene Tasche widmete. Bereits 1935 entstand das Design für die Kelly Bag, die ursprünglich »Petit Sac Haut à Courroies« hieß. Grace Kelly wurde am Tag ihrer Verlobung mit dem Fürsten von Monaco mit dem Modell fotografiert und versteckte gekonnt ihren Babybauch dahinter. Grund genug für Hermès, die Tasche spontan nach ihr zu benennen.
Heute sind die Modelle Kelly und vor allem Birkin die begehrtesten Handtaschen auf dem Luxusmarkt und erzielen Rekordpreise. Das liegt daran, dass man sie nicht so einfach im Store kaufen kann. Sie werden primär nur an Stammkunden vergeben – und selbst dann erwarten Käuferinnen Wartezeiten von bis zu zwei Jahren.
Die Chanel 2.55 gehört zu den meistverkauften Modellen der Welt und hat in den letzten zehn Jahren eine Preissteigerung von 225 Prozent erlebt. Das zeichnet sie als Wertanlage aus. Außerdem ist sie immer in Mode.

Die junge Jane Birkin im Jahr 1968. Sie hatte soeben den Durchbruch mit dem Film »Blow Up« geschafft und war frisch in Serge Gainsbourg verliebt.
© Getty Images
Zwei Ikonen: Hermès designte die Birkin Bag nach den Vorstellungen der Sängerin und Schauspielerin Jane Birkin (73). hermes.com
© Sarah Lee / Eyevine / picturedesk.comSecondhand-Glück
Bei der künstlichen Verknappung des Angebots und der damit einhergehenden Exklusivität liegt es nur auf der Hand, dass der Secondhand-Markt stätig wächst. Die teuerste Birkin aller Zeiten wechselte bei einer Auktion 2011 in Dallas den Besitzer und erzielte einen Preis von 203.150 US-Dollar. Kein Wunder also, dass Onlineplattformen wie Vestiaire Collective florieren, die sich auf Luxusmarken spezialisieren und alle Produkte persönlich auf Echtheit kontrollieren. »Die teuerste Birkin, die wir verkauft haben, lag bei 80.000 Euro. Ironischerweise hatten wir in derselben Minute gleich zwei Kaufanfragen dafür«, erzählt Vestiaire Mitbegründerin und Brand Director Sophie Hersan. »Es geht bei Designertaschen aber nicht nur um Status, wie es früher vielleicht war. Es geht um Mode, sie macht aus Träumen Realität! Wir leben in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielt und unser Konsumverhalten bewusster geworden ist. Menschen suchen nach Emotionen. Die Geschichte eines Stücks spielt dabei eine große Rolle.«
Zu emotional aufgeladenen Handtaschen zählt auch die Lady Dior. Ihre Entstehungsgeschichte entspringt einer spontanen Idee der ehemaligen First Lady Frankreichs, Bernadette Chirac. Sie gab die Tasche über Nacht in Auftrag bei Dior, da am 25. September 1995 ein Besuch Prinzessin Dianas anlässlich einer Cézanne-Ausstellung in Paris anstand. Der Prototyp mit dem Namen »Chouchou« wurde schnell Dianas steter Begleiter. Also beschloss das Modehaus, die Tasche nach ihrer treuen Trägerin zu benennen und im Jänner 1996 regulär auf den Markt zu bringen. Wie nicht anders zu erwarten, waren die Modelle innerhalb eines Tages vergriffen und sind bis heute äußerst populär.
Die als bescheiden geltende Jane Birkin hatte allerdings ihren Kampf mit dem Ruhm des Namensvetters. Sie selbst besaß nur vier Stück, die sie nach und nach wohltätigen Zwecken spendete. »Als ich realisierte, wie viel Geld Hermès mit der Tasche macht, ließ ich das Label sofort für meine Charity arbeiten«, erzählte Birkin der Vogue 2011. Ein ungenannter Prozentsatz der Einnahmen wird jährlich gespendet – außerdem ließ sie sicherstellen, dass dies auch nach ihrem Tod so weitergeführt wird.