© Andreas Jakwerth

Warum die Design-Schmiede des Briten und dessen Stilrichtung bei vielen internationalen Top-Brands so hoch im Kurs steht.

04.12.2019 - By Angelika Rosam

Wenn es einen Designer nach Wien verschlägt, hat es meist ­einen besonderen Grund. So auch für Edward Barber, seines Zeichens renommierter Product Designer ­mit Architektur-Hintergrund. Für Vitra war der smarte Brite angereist, um in der Wiener Secession zu Arbeitsmethoden moderner Unternehmen zu referieren. Doch vorab tat er das auch mit uns. Ins »Hotel Altstadt Vienna« haben wir zum Afternoon-Tea geladen und uns neben vielen anderen interessanten Themen über Interaktionsdesign und die Zukunft von Arbeitswelten ausgetauscht.

Das Office ändert sich oft – und das wird immer so sein. Grund dafür sind Trends, neue Technologien und Arbeitsverträge.

Edward Barber über Office-Design

Intuitiv und Interaktiv

Barber, der gemeinsam mit seinem Partner Jay Osgerby 1996 die Design-Firma Barber & Osgerby gründete, hat in Sachen Stil ein umfangreiches Repertoire aufzuweisen: Neben der Gestaltung von Massenprodukten designt er auch für limitierte Möbel- und Lampenserien oder verweist auf öffentliche Aufträge wie den Entwurf der Olympischen Fackel in London 2012. Der LIVING-Talk über Kunststoffe und die No-Gos im Design.

LIVING Was bedeutet gutes Design für Sie?
Edward Barber: Gutes Design hat einen guten Grund, dass es existiert. Es steckt eine hochqualitative Arbeit dahinter, damit es für eine lange Zeit hält. Und vor allem: Gutes Design ist nicht von Trends beeinflusst. Sobald man für einen Trend designt, ist das nicht für die Ewigkeit.

Das heißt: Wenn Sie Ihre Produkte kreieren, sind diese niemals nach Trends ausgerichtet?
Nein, hoffentlich nie. Natürlich hofft man immer, dass sie irgendwann Trend werden, aber ich produziere sie nicht, weil sie gerade Trend sind.

Sie haben für viele verschiedene berühmte Brands wie Venini, Knoll, B&B, Flos oder Vitra gearbeitet. Gab es dabei ein Lieblingsprojekt?
Egal, für welche Firma ich arbeite, und egal, welches Produkt ich erfinde, es muss mich immer interessieren, und ich nehme prinzi­piell keine Aufträge an, die mich nicht überzeugen. Das Wichtigste für mich ist, dass ich bei meinen Kreationen neue Lösungen und Ergebnisse finde, die bis dato noch nicht da gewesen sind. Da kann es um eine neue Architektur gehen, um eine neue Typologie oder auch um ein neues Material, mit dem ich noch nicht gearbeitet habe. Die erste Zu-sammenarbeit mit Venini zum Beispiel war unglaublich. Die Glasproduktion war für mich eine völlig neue Welt. Aber auch mit Kunststoffen ist es möglich, ungewöhnliche Ergebnisse zu erzielen. Der »Tip Ton Chair« etwa war ein neuer Archetyp eines Stuhls. Es war das erste Mal, dass ein Stuhl über zwei verschiedene Positionen verfügt, und ihn hätte man natürlich nie aus Glas produzieren können.

Haben Sie schon einmal ein Projekt abgelehnt?
Jede Menge sogar. Manchmal gibt es Projekte, für die es keinen richtigen Grund gibt, sondern die bestellt werden, nur um Kata­loge damit zu füllen.

Wie attraktiv muss ein Projekt sein, dass Sie es annehmen?
Es muss ein Klient oder ein Hersteller sein, der etwas wirklich Interessantes machen will, das herausfordernd ist. Für mich ist es wichtig, dass ein Hersteller einen hohen Qualitätsanspruch und einen ethischen Zugang hat. Und das Produkt sollte natürlich hoffentlich gut verkauft werden. Mit Vitra hat man da jedenfalls einen Jackpot gelandet. Es ist eines der innovativsten Unternehmen der Welt, und an oberster Stelle steht Qualität. Ganz nebenbei verkauft sich das Produkt einfach noch gut. Vitra ist sicher der beste Partner für Innovation, Business und Produktion.

Sie haben sich auf Stühle fokussiert. Was macht dieses Möbel so attraktiv für Sie?
Ein Stuhl ist wahrscheinlich das schwierigste Design-Produkt. Es ist ein funktionales Objekt, weist sehr viele strukturelle Fragen auf, das Bequemlichkeitsthema wird immer wieder neu diskutiert, und es soll quasi als skulpturales Objekt auch interessant wirken. Und ein neues Design von etwas bereits in ­so vielen Facetten Vorhandenemzu entwickeln, ist natürlich eine Herausforderung. Denn es gibt so viele verdammt gut designte Stühle auf dieser Welt.

Was ist Ihr Lieblingsstuhl?
Das war der »Shell«-Stuhl für die kleine, aber ungeheuer professionelle Firma Isokon Plus sowie der »Tip Ton«-Stuhl für Vitra – sicher einer der bestverkauften Stühle aufgrund seines innovativen, interaktiven Designs.

Der »Tip Ton Chair« ist ein Office-Stuhl, und das Thema Office ein nicht enden wollendes Thema im Design-Bereich. Wie sehen Sie die Zukunft des Office-Designs?
Das Office ändert sich alle paar Jahre – und das wird immer so sein. Grund dafür sind Trends, neue Technologien, auch Arbeitsverträge sind ein Thema. Jedes Land der Welt hat mittlerweile eine immens große Zahl an freien Mitarbeitern. In den USA zum Beispiel sind bereits 20 Prozent der Mitarbeiter freiberufliche Arbeitskräfte, die an angenehmen Plätzen wie zu Hause, in Cafés oder in Hotel-Lobbys arbeiten. Es kristallisiert sich heraus, dass große Unternehmen nicht mehr in viele fixe Arbeitsplätze investieren. Sie stellen Arbeitsplätze zur Verfügung, die aber von verschiedenen Mitarbeitern benutzt werden. Und diese Kultur wächst seit zehn Jahren stetig.

Das gilt aber trotzdem nicht für alle …
In meinem Fall: nein! Meine Arbeit ist mein Schreibtisch, und den würde nie teilen oder gegen etwas anderes eintauschen.

Gibt es ein No-Go im Design?
Ich würde niemals mit Materialien arbeiten, die den Planeten verschmutzen. Ich würde nicht sagen, dass ich das niemals getan habe – kein Designer kann das sagen –, aber wir wissen jetzt, was tabu für uns ist.

Gibt es ein Projekt, das Sie noch verwirklichen wollen?
Ja, aber ich kann das nicht planen, es muss sich ergeben. Das Business ist völlig unberechenbar. Solange ich offen bin, wird sicher noch viel passieren.

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