Design District: Modernes Design in historischem Rahmen

Selten kann man als Besucher:in die kaiserlichen Prunkräume so »möbliert« erleben wie bei der Designmesse, dem Design District. Gerade der Kontrast zweier absolut konträrer Stilwelten - zeitgenössisches, innovatives Design im Gegensatz zu opulentem Prunk in Form von Marmor, kostbarem Parkett, Deckenmalereien und Kristalllustern - macht das Ambiente so inspirierend. Wir waren neugierig, denn immerhin haben wir die letzten Wochen schon öfters über Farben und Trends im Interior Design für diesen Herbst berichtet und einige Aussteller:innen befragt, wohin die Reise beim Wohnen geht.

Herbstfarben

Die für uns größte, aber absolut nachvollziehbare Überraschung war die präsentierte Farbskala in der Wiener Hofburg. Während das Pantone Color Institute derzeit einerseits sehr starke, lebensbejahende Farben, andererseits Pastell- und Naturtöne propagiert, zeigten etliche Marken die zur Saison passenden, teils sehr kräftigen Herbstfarben. »Wir folgen zwar auch den Trends respektive sind uns der Trends bewußt, wir versuchen aber immer unseren eigenen Standpunkt zu haben und diesen gerade bei Kundenprojekten, die wir umsetzen, einfließen zu lassen. Was zählt ist Authentizität« berichtet Lisa Kügerl, Innenarchitektin bei Johan in Wien. Folglich wurde auf dem Messestand das typisch »Herbstliche« als Thema umgesetzt, welches uns speziell durch Sofaelemente aus Samt in kräftigem Rostrot-Orange begeisterte. Diese stammen immerhin von einem jüngst realisierten, neuem Restaurantprojekt in Krems. »Bei uns stehen immer die Natur, die Pflanzen im Mittelpunkt, somit folgen wir keinen Farbtrends bei Outdoor-Möbeln, sondern bemühen uns um Harmonie zwischen selbst gewählten Farben sowie den einzigartigen Nentwich Singular-Pflanzen«, bekräftigt man uns auch bei Nentwich Gartengestaltung.

Stofflichkeit

Neben den präsentierten Farben spürt man jedoch vor allem eines: es wird wieder stofflicher! Dies bestätigt auch das Team am Stand der Bielefelder Werkstätten: »BW ist eine sehr textile Marke, weich im Design, welche sofort das Gefühl vermittelt, dass man sich wohl fühlt, dass es gemütlich ist.« Dies spiegelt sich ebenso in der Optik wider. Zu sehen gab es jede Menge haptischer, femininer Stoffe und Farben in Kombination mit Funktionalität als Überraschungsmoment beim Wohnen. Wie etwa der drehbare Essstuhl namens Heaven aus kuscheligem Samt.

Runde Formen

Auch sind die runden Formen wieder zurück, wie wir bei KFF entdecken, vorzugsweise in geschmeidigen Stoffen wie Bouclé und Samt. »Speziell die Entwürfe von Monica Armani für die jüngsten Stuhldesigns von KFF scheinen uns förmlich zu umarmen. Gerade in Zeiten wie diesen emotional ein wunderbares Gefühl, diesen ‚big hug‘ zu spüren. Zudem sind Farb-Stoffkombinationen mit Leder wieder gefragt, dies als Stil-Mix mit heimischem Holz (etwa in Form von Tischen) und Stein.« Denn wir alle legen wieder mehr Wert auf regionale Herkunft.

Nachhaltigkeit

Absolut innovativ zeigte sich auch die Marke Natuzzi Italia, welche ihre neuen Terra Poufs von Marcel Wanders Studio in einem Art Camouflage-Stoff zeigte. Komplett nachhaltig ist jedoch ihre Materialneuheit, ein veganes Leder, welches aus Mais hergestellt wird. Zwar sind die Poufs derzeit nur für Innenräume gedacht und nicht witterungsbeständig, aber man denkt innerhalb des Unternehmens bereits über eine Outdoor-Lösung fürs kommende Jahr nach. 

Geknüpfte Geschichten

Akzente am Boden setzt gerne die Grazer Teppichgalerie Geba, deren Designs von Firmengründer Harald Geba persönlich stammen und in Nepal nach tibetischer, traditioneller Knüpftradition gefertigt und mit Pflanzenfarben gefärbt werden. Denn auch Teppiche liegen wieder im Trend! Während man bei Geba derzeit auf florale und figurative Entwürfe - neben individuellen Designwünschen der Kund:innen - setzt, erzählen Jan Kaths Teppichkreationen Geschichten von glühenden Meteoriten, der Magie der Nordlichter, blumigen Fantasiewelten oder der französischen, romantisch angehauchten »Savonnerie«. Das von LIVING unterstützte Preview-Event zur Ausstellung stellte am exklusiven Eröffnungsabend für geladene Gäste den Auftakt zum diesjährigen Design District dar.

Minimalistisches Design

Das sich verändernde Verständnis von Luxus - erzählt uns Christoph Mayer von SieMatic - ist sogar in den Küchendesigns spür- und erlebbar, denn seit der Pandemie ist gemeinsames Kochen wieder ein großes Thema. Darauf hat das Unternehmen - Erfinder der grifflosen Küche - reagiert und die Stilwelt »Mondial« lanciert: eine fast schon überzogene Art der Materialität mit visionärer Formensprache. Letztere basiert auf der Simplizität geometrischer Formen sowie der Opulenz expressiver Materialien wie etwa grüner Stein in Kombination mit Holz. Eines scheint aber modernen Küchen gemein zu sein: Glasvitrinen als optischer Hingucker und als leichtes Designelement bei massiven, klobigen Küchenblöcken. 

Materialästhetik

Charakterstarke Oberflächengestaltung sowie Materialästhetik auf höchstem Niveau wurden einmal mehr bei den Partnern und Members des Formdepots gelebt. Nirgendwo anders gab es zur Inspiration und zum Entdecken so professionell gestaltete Mood Boards zu sämtlichen möglichen Farb- und Materialkombinationen. Überhaupt scheint eine gewisse Ernsthaftigkeit im Interior Design zu schwinden. Der Grundtenor beim Design District war: man darf sich wieder mehr trauen, mehr Spaß haben und mehr Farbe in sein eigenes Zuhause lassen. Letztendlich wollen wir uns alle am Design erfreuen!