Der Designer Stefan Diez im Portrait
Handwerker, Freigeist und Zukunftsgestalter: Der Münchner Stefan Diez, gelernter Tischler, hat sich mit seinem außergewöhnlichen Gestaltungswillen als Erneuerer des Produktdesigns etabliert. Eine Nahaufnahme.
09 . Mai 2019 - By Uwe Killing
Wenn die Tür der Werkstatt offensteht, hört man Vogelkonzerte und das Plätschern des nahen Baches. Es ist ein Refugium mitten in München, in dem sich die Welt von Stefan Diez entfaltet. Über mehrere Gebäude, schön verwinkelt, mit einem mediterran bepflanzten Innenhof. »Mein Spielplatz«, wie der Designer mit dem Basecap und dem dazu passenden, immer leicht verrutschten Lächeln gerne bemerkt.
Im Diez-Reich herrscht auf den ersten Blick eine sympathische Unaufgeräumtheit vor. Und die bildet einen schönen Kontrast zu den Objekten, mit denen sich der Bayer in den vergangenen Jahren in der Champions League des Industriedesigns festgesetzt hat. Ob Stühle, Tische, Regale, Sofas oder Geschirr: Was durch die Hände des gelernten Tischlers geht, ist geprägt von Präzision, klarer Formgebung, unaufdringlicher Funktionalität. »Mich interessieren Ordnung, Logik, Mechanik und deren Rolle in Bezug auf das Schöne«, erklärt Diez, »und in diesem Prozess suche ich stets nach Abkürzungen, nach Lösungen, die verblüffen. Ich habe Spaß daran, der Komplexität, die uns umgibt, etwas Positives abzuringen.« Das Weniger-ist-mehr-Credo bedeutet für Stefan Diez: die Dinge so lange im Kopf zu bewegen und gleichzeitig daran zu feilen, zu biegen, zu modellieren, bis daraus eine neue Ästhetik, etwas Unverwechselbares entsteht. Dafür nimmt er sich auch alle Zeit der Welt. An seinem Stuhl »Chassis« für Wilkhahn hat er vier Jahre lang getüftelt. Mit nur 2600 Gramm ist »Chassis« ein beeindruckendes Leichtgewicht aus Stahlblech, für das Diez ein Tiefziehverfahren aus der Automobilindustrie adaptierte.