© Colour Rush

»Colour Rush« - Designerin Sabine Marcelis im Talk über die Ausstellung

Wie bringt man Ordnung in Hunderte Stühle, Textilmuster, Tapeten, Verner Pantons Materialproben oder Farbstudien von Le Corbusier und Hella Jongerius? Designerin Sabine Marcelis im LIVING-Talk über die Ausstellung »Colour Rush!« und ihren Bezug zu Farben und Trends.

21.02.2023 - By Florentina Welley

Dass es auch heuer farbtechnisch nicht langweilig wird, ist in der Schausammlung »Color Rush!« im Vitra Design Museum noch bis Ende Mai zu sehen. Hier hat nach der Tradition des Museums, die hauseigene Sammlung jährlich von einem Designer neu aufstellen zu lassen, die niederländische Designerin Sabine Marcelis das Schaudepot neu geordnet. Und zwar nach Farben. Glänzende Oberflächen und pastellige Farbverläufe sind ein Markenzeichen der Rotterdamer Designerin, die sich im Möbel- und Lampendesign sowie durch ihre Zusammenarbeit mit Modemarken wie Celine, Fendi und Isabel Marant einen Namen machte. Die Designerin sieht Farben als Gestaltungsmittel von Emotionen, mit denen man Kälte oder Wärme in Räume bringen kann. Manche Architekt:innen, Künstler:innen und Designer:innen verwenden dafür sogar eigenkreierte Farben, wie Le Corbusier, Yves Klein oder Hella Jongerius. Die Ausstellung »Colour Rush!« mit über 400 Objekten aus allen Epochen der Designgeschichte lässt die Besucher:innen Kontraste, Tonalitäten und Intensitäten von Farben neu erleben.

LIVING Konnten Sie bei der Neuordnung der Sammlung beobachten, ob es in der Designgeschichte einen besonderen Trend zu einer bestimmten Farbe gibt?

SABINE MARCELIS Ja, das Auffälligste an der Sammlung ist, dass es eine Fülle von Schwarz gibt. Wir hätten die gesamte Ausstellung mit schwarzen Objekten gestalten können, was
den Status von Schwarz zeitlos macht. Es zeigt sich auch klar, dass zu Beginn der Kunststoffproduktion Farbe bedeutsam wurde. Warme Farben wie Rot und Orange sind zudem viel präsenter als kältere Blau- und Violetttöne. Es fiel uns schwer, den Grünbereich zu kuratieren, da es so viele Arten von Grün gab, im Gegensatz zu Orange, das ein konsistenter einziger Farbton war. Ich denke, dass das an den vielen Grüntönen, die wir in der Natur wahrnehmen, liegen könnte. Die können wir uns auch im Design besser vorstellen.

Wie stehen Sie zu der Pantone-Farbe des Jahres? Spielt sie in Ihre Arbeit mit hinein?

Ich finde sie lustig, aber sie ist auch eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Ich selbst
achte nicht auf Trends bei der Farbauswahl und glaube, dass es als Designerin meine
Aufgabe ist, mich davon fernzuhalten. Farben sind sehr intuitiv und persönlich für mich. Und was für ein bestimmtes Projekt sinnvoll ist, ist unabhängig von einem Trend zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ich setze auf Zeitlosigkeit statt auf Trends.

Sabine Marcelis in der Ausstellung »Colour Rush!«, die sie nach Farben neu ordnete. design-museum.de

Farben haben in Ihrer Designpraxis eine klare Sprache. Woran orientieren Sie sich, welcher Farbkreis ist ausschlaggebend und welche Aufgabe haben Farben?

Auch hier geht es darum, dass Material und Raum oder Umgebung gut zusammenspielen. Ich habe keine Regeln, sondern setze meine Intuition ein, die auf Wissen und Erfahrung basiert. Farbe hat genau wie Temperatur die Kraft, die Wahrnehmung eines Raums zu verändern, es ist sehr wichtig, sie miteinzu-beziehen. Ich selbst bevorzuge warme Farben und arbeite mit RAL, NCS und Pantone, um die Farbauswahl für Lieferanten festzulegen.

Wie lässt sich etwa Le Corbusiers Farbsystem, das auf natürlichen, kombinierbaren Grundfarben basiert, im privaten Bereich einsetzen?

Ich selbst liebe es auch ein bisschen so Ton in Ton! Ich glaube, dass man mit Le Corbusiers Farbfächer sehr gut Tiefe in den Raum bringen kann, schließlich ist Farbe ja auch nur ein Werkzeug. Und je nachdem, was man erreichen will, setzt man sie ein und kann mit Polychromie Einrichtungsdetails sehr schön akzentuieren.

Nach welchen Farbharmonien sollte
man bei sich zu Hause vorgehen?

Ich glaube, dass das eine rein persönliche Entscheidung ist.

Im Februar kam Ihre »VARMBLIXT«-IKEA-Kollektion heraus. Welche Farben und Materialien verwendeten Sie?

Wir wählten für Beleuchtungskörper, Serviergeschirr und Teppiche bewusst eine warme Farbpalette aus. Wenn Licht durch das orangefarbene Glas der Lampe fällt, erstrahlt ihre donutartige Form in warmem Glanz. Andere Glaswaren wurden bewusst farblos gelassen. Damit soll der Kunde ermutigt werden, selbst Farbe hineinzusetzen. Es gibt auch zwei weiße Wanddesigns. Regal und Leuchte haben wir in Weiß entworfen, da das typische Haus normalerweise eine weiße Wand hat und sich die Objekte harmonisch einfügen. So werden die Formensprache und das Zusammenspiel mit Licht und Schatten nicht durch zusätzlichen Farbeinsatz abgelenkt. Bei Material setzten wir auf Glas, Metall und auch Holz.

Auf welche Projekte von Ihnen dürfen wir uns dieses Jahr freuen?

Ich arbeite derzeit an einigen öffentlichen Kunstinstallationen, etwa in Riad. Ich liebe es, in meiner Arbeit zwischen verschiedenen Aufgaben und Maßstäben hin und her zu tanzen. Vorerst wird aber meine »VARMBLIXT«-IKEA-Kollektion für eine Weile die letzte Industriedesign-Kooperation sein, da ich mich in nächster Zeit auf ortsspezifische Arbeiten konzentrieren werde.

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