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Bitte nicht stören: Ruhe im Badezimmer

Kein Ort eignet sich so gut, um ein paar Stunden für sich alleine zu haben, wie das Badezimmer. In der Pandemie hat es eine enorme Aufwertung erfahren – als grüne, multifunktionale Rückzugsoase.

05.05.2021 - By Karin Cerny

Jeden 9. November ist es offiziell: Der »Read in the Bathtub Day« ist ein internationaler Ehrentag der Badewannenlektüre. So kurios auch manche »Feiertage« sein mögen, hat der Gedanke doch etwas, sich mit einem guten Buch und einem guten Glas Wein in die Wanne zurückzuziehen. Einfach eine Auszeit von der Welt nehmen. Ohne dafür die eigene Wohnung verlassen zu müssen. Sogar Hollywood-Schauspielerin Kate Hudson hat die Pandemie an ihre Grenzen getrieben. Die dreifache Mutter gestand, dass sie sich manchmal, wenn ihr alles zu viel wird, vor ihrer Familie im Badezimmer verstecke. 

Als die Fitness-Center geschlossen hatten, wurden geräumige Bäder auch zum Trainieren genutzt. Platz für Hanteln ist schnell gefunden.

Gestresste Paare

Das Bad ist mehr als ein Ort, an dem man sich duscht, schminkt und die Zähne putzt. Kaum ein anderer Raum in der Wohnung – außer dem Schlafzimmer – steht so sehr für Rückzug. Auch ohne ein Schild, das an der Tür baumelt, ist klar: Bitte nicht stören! Ich brauche Zeit für mich. Gerade, wenn man wie jetzt verstärkt daheim arbeitet, wirkt ein Dampfbad oder ein Whirlpool Wunder, um sich zu regenerieren. Gestresste Paare können sich in der Sauna gemeinsam vom Homeschooling erholen. »Bäder als Orte der Hygiene in der Wohnung haben während der Pandemie ihre Funktion auf die ganze Wohnung ausgebreitet«, sagt der deutsche Philosoph und Publizist Florian Rötzer, der gerade mit »Sein und Wohnen« ein Buch über die Geschichte und Bedeutung des Wohnens geschrieben hat: »Hände werden überall nach Kontakten gewaschen. Überall werden Oberflächen desinfiziert«. Das Bad ist »als Reinraum zum Vorbild der ganzen Wohnung geworden«, so Rötzer. Aber was bedeutet diese Ausweitung der Hygienezone fürs
Badezimmer?

Wahrscheinlich eine gewisse Entlastung: Das Bad mausert sich vom reinen Funktionsraum zum Zimmer, das man vielfältig nutzen kann, in dem auch Platz ist für einen bequemen Fauteuil. »Rückzugsorte sind wichtig, gerade in der Pandemie klagen viele Menschen darüber, dass sie zu wenig Platz für sich hätten«, sagt Johannes Wancata, Pro­fessor für Sozialpsychiatrie: »Das Bad hat dadurch eine Aufwertung erfahren. Mit einem Tisch und Sessel oder einer kleinen Auflage kann man es sogar als Arbeitsraum verwenden.« 

Der Psychologe rät, von vornherein abzuklären, wer welchen Raum wann exklusiv für sich verwenden darf. »Der Küchentisch kann vormittags als Büro genutzt werden, das Bad nachmittags oder abends als privater Erholungsraum. Ideal ist, sich bestimmte Zeiten auszumachen: Das Bad gehört mir ab neun Uhr für zwei Stunden. Dann kommt man sich nicht unnötig in die Quere.« Unterschiedliche Lichtquellen helfen dabei, die Stimmung anzupassen – je nachdem, ob man abschalten oder doch arbeiten möchte. Pflanzen oder ein großes Fenster ins Grüne sorgen für ein gutes Raumklima.

Als die Fitness-Center geschlossen hatten, wurden Bäder auch verstärkt zum Trainieren genutzt. Platz für Hanteln ist schnell gefunden. Oder man möchte es individueller: Gewichte aus Marmor, die perfekt mit dem Rest des Badezimmers harmonieren. Mittlerweile boomen Lösungen, mit denen man das Bad schnell und problemlos als Gym aufrüsten kann. Und wenn die Fitness-Center dann wieder öffnen, kann man die Sprossenwand ja noch immer als Halter für Handtücher verwenden.

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 03/2021

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