Bausteine aus dem High-Tech-Labor
Die Entwicklung der konkreten Form des Gebäudes war eine Mischung aus Hightech und Lowtech. »Einerseits haben wir die Gebäudemorphologie in 3D-Computerprogrammen generiert und in unzähligen Iterationen weiterentwickelt«, sagt Jeanne Gang, die das Chicagoer Architekturbüro Studio Gang leitet und die zu den derzeit innovativsten Architektinnen der USA zählt, »andererseits haben wir in den kalten Wintermonaten einen Eisblock vor die Haustüre gestellt und so lange mit heißem Wasser gespritzt, bis eine Form entstanden ist, die uns letztendlich überzeugt hat. Hightech-Methoden haben immer auch mit ganz einfachen, archaischen Werkzeugen zu tun.«
Tao Zhu Yin Yuan
Das solcherart entwickelte Gebäude wird aktuell auf der Upper West Side in New York realisiert. Das »Gilder Center« – so der offizielle Name des amorphen Betongebildes – ist der letzte, noch fehlende Lückenschluss im American Museum of Natural History (AMNH) und soll die historischen Backsteinbauten auf der Columbus Avenue miteinander verbinden. Der 380 Millionen US-Dollar teure Bau wird in Zukunft nicht nur einen neuen Eingang mit Kassenhalle und Lobby beherbergen, sondern auch Theater, Bibliothek, Bildungszentrum, ein Schmetterlingsvivarium und zahlreiche neue Ausstellungsräume. Für die Statik zeichnet das renommierte, weltweit agierende Büro Arup verantwortlich.
»Die meisten Leute haben gesagt, es sei unmöglich, ein Gebäude mit einer ikonischen, monumentalen Leere zu bauen«, sagt Gang. »Doch es ist uns gelungen. Das Resultat ist eine fugenlose, organische Struktur, die wie aus einem Stück Stein gehauen scheint.« Möglich gemacht wurde dies mit digitalen Fertigungsmethoden: Die Bauweise orientiert sich an Großgussformen, die üblicherweise im Kraftwerks- und Turbinenbau zum Einsatz kommen, wenn millimetergenaue Passgenauigkeit vonnöten ist. Zum Abschluss sollen die einzelnen Fertigteile mit einer homogenen Spritzbeton-Schicht ummantelt werden.
Jade Eco Park
The Cube
Dass sich die globale Baupraxis in den letzten Jahren massiv verändert hat und bisweilen um neue Bau- und Fertigungsmethoden ergänzt wurde, beweist der Blick auf ein paar wahnwitzige Pionierprojekte. Das Spektrum reicht von 3D-Druck über neue Konstruktionsmethoden bis hin zu hoch tragfesten Materialentwicklungen im Carbonfaser-Bereich. Im Jade Eco Park in Taichung, Taiwan, wurde sogar Mutter Natur mittels Hightech weiterentwickelt: Um den 67 Hektar großen Park am Rande der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole zusätzlich zu kühlen, hat der Pariser Architekt und Klimaplaner Philippe Rahm eine Art Open-Air-Klimaanlage errichtet, die auf den noch baumlosen Wiesen kühle Sprühnebelwolken emittiert.
Ein auf den ersten Blick unscheinbares Hightech-Projekt verbirgt sich in Wien. Auf dem Gelände der Universität für Bodenkultur errichteten die SWAP Architekten in Zusammenarbeit mit den Holzbauunternehmen KLH und Stora Enso ein Instituts- und Bibliotheksgebäude aus Holz. Die hochtechnologischen Werte liegen im Inneren verborgen: Schon im Werk wurde jedes einzelne Bauteil mit einem Sensor ausgestattet, das in der gesamten Bauphase wertvolle Informationen zu Standort, Temperatur und Feuchtigkeitswert übermittelt hat. In weiterer Folge sollen die Daten für das Facility-Management herangezogen werden. Das Projekt wurde mit dem Zertifikat Gebäudestandard klimaaktiv Gold ausgezeichnet.