2022 kann kommen!
Wir haben die Trends, die den Immobilienmarkt nächstes Jahr beeinflussen werden, für Sie zusammengefasst. Tendenz: Der Megawirtschaftszweig zeigt keine Ermüdungserscheinungen, im Gegenteil.
25.12.2021 - By Heimo Rollett
Sorglos, munter und gut gelaunt biegt das Immobilienjahr 2021 in die Zielgerade, in der erfahrungsgemäß kurz vor dem Jahrespurzelbaum noch mal kräftig investiert werden wird. Aber was erwartet uns 2022? Glaskugelstarren und Kaffeesatz zu interpretieren bringt nichts, aber einige Trends zeichnen sich recht klar ab.
Miete und Kauf
Georg Flödl, Präsident des ÖVI (Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft), hat bereits im Sommer festgestellt, dass der Wohnungsmietmarkt unter Druck gerate. Lange Zeit waren die Wohnungen aus den 70er- und 80er-Jahren der Knüller, weil sie nicht ins stark limitierende Mietrechtsgesetz fallen. Diese könnten aber immer mehr zum Ladenhüter werden. Sie weisen schlechte Nachhaltigkeitsbilanzen auf und befinden sich in einem Segment, in dem die Leute nicht allzu gewillt sind, zu übersiedeln.
Die Nachfrage nach Kaufimmobilien dürfte auch im kommenden Jahr weiter steigen. Niedrige Zinsen, drohende bzw. bereits gestiegene Inflation und unheimlich viel Geld, das veranlagt werden muss, sind Öl fürs Immobilienfeuer. Die Renditebetrachtung wird dabei nicht vordergründig sein. Zählt man eins und eins zusammen, stellt sich die Frage: Wer wird die Wohnungen, die hier massenweise gebaut und gekauft werden, denn mieten? Selbst die demografischen Prognosen sind mittelfristig nicht rosig, und dass Österreich und Europa nicht aus sich selbst wachsen, ist auch kein Geheimnis. Wir liegen unter dem »Reproduktionsniveau«.
Seniorenimmobilien
Einziger Hoffnungsschimmer: Wir werden älter. Und die Silver Ager wurden gerade erst von den Immobilienentwicklern und Investoren entdeckt. Gemeinsam mit Pflege- und Gesundheitsimmobilien werden Immobilien für Ältere in jeglicher Spielart eine der interessantesten Immobilienarten in den nächsten Monaten werden.
Sonstige Dauerbrenner wie Büro- und Geschäftsflächen werden auch 2022 Raum für gute Geschäfte bieten. Ein aktuelles Research-Paper von EHL zeigt, dass der Markt für Einzelhandelsimmobilien seine Schwächephase überwunden hat, der Strukturwandel in den österreichischen Einkaufsstraßen und Einkaufszentren wird sogar beschleunigt. »Handel ist bekanntlich immer Wandel, aber so rasch wie zurzeit gerade sind Veränderungen noch selten erfolgt«, meint Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei EHL Gewerbeimmobilien. »Corona hat Chancen für neue Konzepte eröffnet, die sonst vielleicht noch jahrelang nach erstklassigen Standorten hätten suchen müssen.« Gastronomie, Hybridkonzepte, Dienstleister und viele Newcomer wie Teufel oder Maisons du Monde bringen Schwung in den Retailsektor. Auch die Nachfrage nach Büroflächen ist trotz unterstellbarer Unsicherheit seitens der Unternehmen hoch. Allzu viel Auswahl an neuen, modernen Office-Flächen gibt es nächstes Jahr aber nicht, denn es werden nur wenige Projekte fertiggestellt werden. »2022 kommen rund 110.000 Quadratmeter neue und generalsanierte Bürofläche in Wien auf den Markt. Circa 90.000 Quadratmeter davon sind bis jetzt bereits verwertet«, weiß Laura Holzheimer, Head of Research bei CBRE Austria. Und weiter: »Insgesamt erwarten wir, dass 2022 wieder stärker ausfallen wird als 2021, wir erwarten circa 180.000 Quadratmeter Vermietungsleistung. Deutliche Erholung sollte sich ab dem zweiten Halbjahr 2022 bemerkbar machen.«
Baustoffe und Nachhaltigkeit
Was wird sich sonst noch tun? 2022 werden deutlich mehr innovative Baustoffe eingesetzt werden. Lehm und Hanf etwa, Holz sowieso. Nachwachsend und CO2-freundlich bietet es sich vor allem für die immer stärker kommende Modulbauweise an bzw. für in der Halle vorgefertigte Bauteile, die dann auf der Baustelle nur mehr zusammengesetzt werden – das spart Zeit und ist deutlich weniger fehleranfällig.
Also alles palletti? Nicht ganz. Bei einer Befragung, durchgeführt vom Beratungshaus PwC und vom Urban Land Institute, wurde für das nächste Jahr zwar ein recht hoher Optimismus gemessen, die professionellen Immobilienmanager nannten aber auch Sorgen wie das Thema Cybersicherheit, die steigende Inflation, die Veränderung von Zinssätzen. Dazu kommen branchenspezifische Themen, die den Unternehmen das Leben schwer machen: Mit Blick auf 2022 sind dies in erster Linie die steigenden Baukosten und die Verfügbarkeit von Ressourcen: 88 Prozent der Befragten bereitet dieser Aspekt Bauchschmerzen. Aber auch die Verfügbarkeit von passenden Grundstücken und Anlagen (66 Prozent) sowie das Thema Nachhaltigkeit und die Notwendigkeit zur Dekarbonisierung (61 Prozent) treiben die Branche um.
Erste Berichte werden fällig
Nachhaltigkeit wird jedenfalls zum Leuchtturm, an dem sich alle orientieren werden. Die EU-Taxonomie fordert ab 2022 Berichte, die ersten Nachhaltigkeitskriterien für die Immobilienfinanzierung treten in Kraft. Was nicht nachhaltig ist, birgt mehr Risiko und die Finanzierung dessen wird ergo teurer. Beinhart, aber letztlich gut für alle.