Eyal Shani im Wiener »Miznon«

Eyal Shani im Wiener »Miznon«
© Falstaff/Degen

»Miznon«-Chef Eyal Shani im Falstaff-Talk

Der israelische Gemüse-Guru über seinen leidenschaftlichen Zugang zum Kochen und über eine mögliche Expansion nach New York.

»In Tel Aviv verkaufen wir über 12.000 Stück Karfiol pro Monat. Kein einziger sieht aus wie ein anderer, jede Pflanze hat ihre eigene Persönlichkeit.« Eyal Shani, Gründer der populären »Miznon«-Restaurants, betrachtet das Gemüse mit dem er kocht wie eigenständige Lebewesen. Er beträuft seine Hände mit reichlich Olivenöl und massiert es liebevoll in einen Karfiol ein. »Ich sage meinen Mitarbeitern, dass sie sich vorstellen sollen, dass es sich um ein Baby handelt«. Shanis Zugang zu Gemüse ist ein sehr respektvoller, fast philosophischer.

Sexuelle Metaphern

In seinen Pita-Restaurants in Tel Aviv, Paris und Wien herrscht reges Treiben, Party-Stimmung, das pralle Leben. Zum Leben gehört auch die Sexualität, die er in seiner Küche nicht verschämt verbirgt, sondern offen darüber spricht. Fast provokant reicht er einem weiblichen Gast einen Solospargel, den er zuvor bedächtig mit Olivenöl eingerieben und in eine Kren-Sauce getaucht hat – nur in Papier eingewickelt, um den sinnlichen Genuss zu betonen, wie er verschmitzt lächelnd sagt. »Looks like a pussy«, sagt er später, als er ein halbiertes Pita-Brot mit Burger-Patty samt Garnierung reicht. »Sexualität ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Und Symbolik spielt beim Essen eine große Rolle.«

Shani liebt das Spiel mit sexueller Symbolik
Falstaff/Degen
Shani liebt das Spiel mit sexueller Symbolik

Produkt-Fetischismus

Hochkonzentriert geht Shani ans Werk, um sein berühmtes Tomaten-Sashimi zuzubereiten. Er schält eine große Tomate und schneidet das Fleisch in dünne, kompakte Streifen. »Das sieht jetzt aus wie Lachs-Sashimi. Das habe ich erfunden, mittlerweile wird es in den ganzen USA kopiert.« Darüber wird – wie überrall – reichlich Olivenöl geträufelt, etwas Salz dazu und fertig – schmeckt einfach gut. Das Geheimnis der »Miznon«-Küche ist eigentlich gar kein Geheimnis: Man nehme hochwertige Grundzutaten, beträufle sie mit Olivenöl und würze nicht zu viel. Für seine hohen Produkt-Ansprüche nimmt Shani auch hohe Transportkosten in Kauf. Der Karfiol kommt aus Frankreich, weil er in Österreich noch keinen Bauern gefunden hat, der in der Qualität und Menge liefern kann, wie er ihn braucht. Und das spezielle Pita-Brot wird gar aus Israel in die EU importiert. »Das ist wohl das Verrückteste, was ich mache. Ein Brötchen kostet mich einen Euro! Aber ich habe weder in Paris noch in Wien einen Partner, der das nach meinen Anforderungen backen kann.«

Lust auf New York

Shani betreibt mittlerweile drei Restaurants in Tel Aviv, eines in Paris und seit November 2015 auch eines in Wien. Insgesamt beschäftigt er bereits 500 Mitarbeiter. Warum er nach Paris nach Wien gekommen ist, erklärt der Globetrotter so: »Ich suche keine Städet oder Lokale aus, sie kommen zu mir. Es passiert. Ein Wiener Freund hat mich eingeladen und ich habe mich hier sofort wohl gefühlt, wie ein bequemes T-Shirt. Der Rest hat sich fast von selbst ergeben. Wenn wir in eine neue Stadt gehen, dann ist das wie eine Mission für uns, wir bringen Farbe in das Viertel!«. Wie es scheint, könnte Eyal Shani bald eine neue Stadt »passieren«: New York. »Aber in New York kann man nicht ein einzelnes Lokal aufmachen, da müssen es gleich mehrere sein«.

Eyal Shani bereitet sein berühmtes Tomaten-Sashimi zu.
© Falstaff/Degen
Eyal Shani bereitet sein berühmtes Tomaten-Sashimi zu.
Bernhard Degen
Autor
Mehr entdecken
Strand und Skyline der «weißen Stadt».
Travelguide
Tel Aviv: Die lässige Stadt am Meer
In Tel Aviv gilt das Motto: Genieße das Leben ­– und zwar besser heute als morgen. Das hat auch...
Von Herbert Hacker, Charles E. Ritterband
Streetfood
Miznon
Israelisch-mediterranes Streetfood von Starkoch Eyal Shani, der hier beweist, wie vielfältig das...
Schulerstraße 4, 1010 Wien
Mehr zum Thema
Israel
Israel: Die neue Trend-Küche
Die Küche Israels wurde lange Zeit im Rest der Welt nicht sonderlich ernst genommen. Heute gehört...
Von Herbert Hacker